Rechtsanwälte sind bei vielen Strafprozessen vertreten, allerdings sitzen sie meist neben dem Angeklagten. Ausnahmen bestätigen die Regel: So bediente sich ein 55-jähriger Anwalt aus Rumeln gestern vor dem Amtsgericht selbst eines Verteidigers. Die Anklage warf ihm Untreue vor.
Der Jurist war 2008 von einer damals 23-jährigen Studentin mit der Abwicklung eines Verkehrsunfalles beauftragt worden. Versehentlich hatte die Versicherung gleich doppelt bezahlt: Geld floss als Schadensregulierung direkt an Banken und an Sachverständige, weitere 6300 Euro gingen auf ein Konto des Anwaltes. Eine Zahlung, mit der der Jurist laut eigenem Bekunden lange nichts anzufangen wusste, zumal er erst später als Vertretung für eine erkrankte Kanzlei-Kollegin in die Sache involviert worden sei.
Doch selbst als seine Mandantin von der Versicherung auf Rückzahlung eines Teils des Betrages verklagt wurde, tat der Anwalt nichts. Die junge Frau wurde vom Amtsgericht zur Rückzahlung von 3346 Euro verurteilt. Der Anwalt vertrat sie zwar vor Gericht, doch das Geld überwies er weder an sie, noch zurück an die Versicherung. Schließlich wurde gegen die junge Frau zwangsvollstreckt.
Bei Staatsanwalt und Gericht löste das Verhalten des Juristen gestern Kopfschütteln aus. Ebenso dessen Versuch, sich mit dem Argument zu verteidigen, von ihm sei doch bis Ende 2013 nie Geld gefordert worden. Erst da hätten Versicherung und die frühere Mandantin Ansprüche gestellt, woraufhin er die Summe bis zur Klärung hinterlegt habe.
Der Strafrichter bescheinigte dem Angeklagten pflichtwidriges Verhalten zu Lasten seiner früheren Mandantin. Er verurteilte den Rechtsanwalt zu 4000 Euro Geldstrafe (100 Tagessätze zu je 40 Euro). Dabei berücksichtigte er, dass der 55-Jährige bereits einmal wegen zweifacher Untreue verurteilt worden war.
Da lässt sich wohl nur sagen: Noch ist er Anwalt.