Wenige Tage nach der Loveparade-Katastrophe hatte sich auf der Suche nach Schuldigen abgezeichnet, dass es sich um kollektives Versagen handelte. Eine Kette aus Fehlern kam ans Tageslicht, die in ihrer Addition und Wirkung im Desaster mit 21 Toten endete. Somit trugen – so lautete die allgemeine Einschätzung – alle an der Planung und Durchführung Beteiligten eine gewisse Mitschuld: der Veranstalter Lopavent, die Stadt Duisburg, aber auch die Polizei.


Sollte das Landgericht die Klage nun zulassen (und alles andere wäre einer auf den Prozess wartenden Weltöffentlichkeit auch nicht zu vermitteln), wird man viele der im Vorfeld Erwarteten vergeblich auf der Anklagebank suchen. Denn für die Staatsanwaltschaft gilt bei der Benennung der Angeschuldigten allein deren strafrechtliche Verantwortung, nicht aber die politische oder moralische. Das hat zur Folge, dass weder Lopavent-Chef Schaller und Ex-OB Sauerland (gegen sie wurde nicht einmal ermittelt) noch Ordnungsdezernent Rabe angeklagt wurden. Sie werden – Ironie des Schicksals – dennoch beim Prozess zugegen sein. Als Zeugen!

Aus juristischer Sicht mag diese Einschätzung zu 100 Prozent korrekt sein. Doch Fakt ist: Der unter Druck gesetzte, „kleine“ Sachbearbeiter des Bauordnungsamtes kommt nun vor den Kadi, die „Großen“, die sich im Erfolgsfall breit in der Öffentlichkeit gesonnt und inszeniert hätten, kommen straffrei davon. „Ich kann den Rechtsstaat da nicht verstehen“, sagte gestern die Mutter einer Verstorbenen. Die Frau steht nicht allein da. Für das Gerechtigkeitsempfinden vieler Bürger ist diese Angeklagten-Auswahl ein Tritt in die Magengrube.

Duisburg trauert um Opfer der Loveparade

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