Was sonst nur in der Fantasie des Einzelnen entsteht, haben Duisburger Schulkinder für jeden sichtbar gemacht: das strahlende Schloss von Aschenputtel, ein kunterbuntes Lebkuchenhaus und Schneewittchens Glassarg. Der war zum Beispiel mal eine Pralinenverpackung. Aus einfachsten Materialien hat während des Projekts „Reise in die Märchenwelt“ die Fantasie einen Schritt in die Realität gemacht. Damit fanden die Schulkinder auch einen Zugang zum Theater.
Die Idee zum Märchenkofferprojekt hatte Elke Bruckmann vom Spielkorb, die gestern die jungen Teilnehmer auch bei der Ausstellung in Neumühl begrüßte. Umgesetzt wurde die Idee von der Theaterpädagogin Birgit Günster. Sie besuchte Grundschulen in Duisburg, spielte mit ihnen und entwickelte mit den Kindern gemeinsam die Ausstellung. Zu sehen sind nicht nur die Märchenkoffer, in denen Szenen dargestellt sind, sondern auch des Kaisers neue Kleider. Ja, sie sind in diesem Fall tatsächlich zu sehen, die Kinder haben sie aus durchsichtigen Materialien und leichtem Stoff gebastelt.
„Ich war baff, wie viele Märchen die Kinder kennen“, erzählt Günster von ihrer Arbeit. „Einige hören sie schon zu Hause, aber viele lesen sie in der Schule.“ Und die Kinder haben viel davon behalten. „Als wir über den gestiefelten Kater gesprochen haben, musste ich selbst noch mal ins Buch schauen“, gibt die Theaterpädagogin zu.
„Märchen, das sind ureigene Geschichten, die Kinder immer wieder hören wollen“, sagt auch Michael Steindl. Der künstlerische Leiter Schauspiel des Theaters Duisburg war gestern zur Eröffnung der kleinen Ausstellung und der anschließenden Vorführung des Stücks „Des Kaisers neue Kleider“ gekommen. „In Märchen geht es um die Abgrenzung zwischen Gut und Böse, um einen klaren Konflikt“, erklärt Steindl. „Das macht sie auch so spannend fürs Theater. Die Kinder können in dieses Spiel von zwei Kräften einsteigen.“ Vor mehr als einem Jahrhundert habe deshalb auch die Tradition der Weihnachtsmärchen ihren Anfang genommen, und noch immer seien die Vorführungen zum Fest ein Dauerbrenner im Programm. „Das geht weit über den Kanon der Grimms hinaus.“
Durch das Projekt mit Birgit Günster hatten die Kinder auch die Möglichkeit, erstmals selbst Theater zu spielen. „Sie haben es genossen“, sagt die Pädagogin.