Duisburg.
Hätte der Zoo am Kaiserberg mal so viel Glück bei den Finanzen wie mit seinem Nachwuchs: Etwas tapsig noch, aber mit einer riesigen Portion Neugierde stapft das kleine Brillenbären-Jungtier zusammen mit Mama „Huanca“ durch das abgetrennte Außengehege. Vor vierzehn Wochen schon - irgendwann Ende Oktober - kam der Bär auf die Welt, gestern verließ der Nachwuchs erstmals seine Nesthöhle. Und ist damit die nächste kleine Sensation im Duisburger Tierpark.
Denn: „Brillenbär-Geburten sind extrem selten. Deshalb freuen wir uns, dass unseren ausgewachsenen Tieren augenscheinlich gute Lebensbedingungen geboten werden und es mit dem Nachwuchs direkt beim ersten Versuch geklappt hat“, ist Zoodirektor Achim Winkler stolz auf die Arbeit seiner Tierpfleger. Und natürlich auf die sieben Jahre alte „Huanca“ und Bären-Männchen Pablo. Diese sind erst seit zwei Jahren im Zoo an der Mülheimer Straße beheimatet, ihre Artgenossen leben eigentlich in den Anden Südamerikas und gelten als eine in ihrer Population gefährdete Tierart. Das alleine schon macht jede Geburt besonders, zumal lediglich eine Handvoll Jungbären in den Tierparks rund um den Globus jedes Jahr geboren werden.
Geburt des Brillenbären im „übergroßen Vogelnest“
Eines davon ist nun auch das noch namenlose Jungtier in Duisburg, dessen Geschlecht bislang noch nicht festgestellt werden konnte: „Da die Mutter erstgebärend war, wollten wir das Tier nicht stören oder unnötigem Stress aussetzen“, erklärt Maik Kirschner, Revierpfleger im Zoo. Doch als sich andeutete, dass „Huanca“ trächtig ist, legten die Mitarbeiter im Tierpark Stroh, Bambus und Äste ins Bären-Gehege, mit denen das Weibchen schließlich ein „übergroßes Vogelnest“ in der Höhle aufbaute.
In dieser, nach nur zwei Monaten im Bauch der Mutter, verbrachte das Bärenjunge die letzte Monate. Winkler: „Brillenbären können die Länge der Schwangerschaft regulieren. Sie bringen ihre Jungtiere erst dann auf die Welt, wenn sie sich sicher sein können, dass es draußen genug zu fressen gibt. Dabei rechnen sie sogar die Zeit mit ein, in der das Jungtier noch in der Höhle bleiben muss.“
Da das Nahrungsangebot im Zoo ganzjährig vorhanden ist, kam der Nachwuchs bereits nach zwei Monaten „Meerschweinchen-groß“ und mit einem Kampfgewicht von gerade einmal 300 Gramm auf die Welt. Heute ist es schon ein gutes Kilo, schätzen Zoodirektor Winkler und Tierpfleger Kirschner. Sie hoffen, dass der Brillenbär ein neuer Publikumsmagnet wird, das nächste Aushängeschild für die Arbeit der Tier-Experten: „Denn mit Glück hat die Zucht unserer Tiere nichts zu tun. Es die harte Arbeit unser Pfleger, die Urlaube nutzen um sich vor Ort über die Populationen zu erkundigen, und das Geld, das wir in unsere Gehege stecken, damit die Tiere auch gesund aufwachsen“, weiß Zoodirektor Winkler.
Brillenbären sind Einzelgänger
Die Zeichen stehen nicht schlecht, wie sich an den „Ohs“ und „Ahs“ der ersten Besucher zeigte: Da nämlich schnappte sich Mama „Huanca“ ihr Jungtier, nachdem es gegen die elektronische Absperrung gestolpert war und einen leichten Stromschlag abbekam, und trug es wie mit Menschenhand auf dem Arm zurück in die Höhlen-Sicherheit.
Noch knapp zwei Jahre werden Jungtier und Mutter unzertrennlich sein, dann ist die Familienidylle vorbei und die Phase der Abnabelung beginnt. „Wir werden dann schauen, ob sich das Junge mit ‘Pablo’ verträgt. Wenn nicht, werden wir es abgeben müssen“, erklärt Tierpfleger Kirschner. Brillenbären sind - wie viele ihrer Artverwandten - Einzelgänger, auch deshalb wird Vater Pablo seit der Geburt getrennt von der Mutter gehalten. Winkler: „Doch bei Tieren unter menschlicher Aufzucht besteht die Möglichkeit, dass sie sich an einander gewöhnen.“