Nein, juristisch kann das Lehmbruck-Museum nicht belangt werden. Es ist nicht dazu verpflichtet, die Herkunft zweier Bilder, die sich seit Jahrzehnten in seinem Besitz befinden, klären zu lassen. „Doch die Frage ist, ob wir uns nicht unserer moralischen Verpflichtung stellen sollten“, sagt Söke Dinkla. Die Museumsdirektorin hat dem Kuratorium vorgeschlagen, die Provenienz – den Nachweis der Herkunft – der Werke „Zwei Frauen am Meer“ sowie „Frauen im Blumengarten“ prüfen zu lassen. Die Gemälde von Erich Heckel und Emil Nolde sollen bis zur Machterübernahme der Nazis der Familie des jüdischen Kunstsammlers Alfred Hess gehört haben.

Im Jahre 1999 hatte die Bundesrepublik mit der Unterzeichnung der Washingtoner Erklärung die Grundlage dafür geschaffen, die Vorkriegseigentümer oder Erben von im Nationalsozialismus entzogener Kunst ausfindig zu machen und zu entschädigen, trotz Verjährung der Straftaten. Im Fall des Heckel-Gemäldes soll es das Kuratorium des Lehmbruck-Museums noch im Dezember 2012 abgelehnt haben, Nachforschungen zur Herkunft anstellen zu lassen – um die Rückgabe an die möglicherweise rechtmäßigen Erben der vermeintlichen Raubkunst ging es dabei noch längst nicht.

Juristisch verpflichtet zur Rückgabe ist das Museum auch nach dem entsprechenden Ausgang der Prüfung nicht. „Das Ergebnis der Forschung wird keine Empfehlung sein. Die Fakten werden von uns bewertet und die Forschungsstelle fordert nicht dazu auf, in einer bestimmten Richtung zu handeln“, erklärt Söke Dinkla. Es bliebe eine historische und moralische Verpflichtung.

Nach dem Vorschlag der Museumsdirektorin wird nun auf das Protokoll der Kuratoriumssitzung gewartet. Stimmt es darin zu, wird das Lehmbruck-Museum beim Bund einen Antrag auf Fördermittel stellen. Ein Forscher versucht dann, den Weg des Bildes lückenlos zurückzuverfolgen. Denn um eben diese Lücken geht es derzeit. Und es gibt sie, bestätigt Dinkla. Um die entscheidende Lücke zu füllen, wird herauszufinden sein, wie das Werk nach der Flucht von Sohn Hans 1933 und Alfred Hess’ Frau Tekla 1939 zu seinem nächsten Besitzer gelangte.