Das Urteil des Landgerichts gegen zwei führende Mitglieder des Motorradclubs Satudarah barg angesichts einer Verfahrensabsprache gestern keine großen Überraschungen: Yildiray K. alias „Ali Osman“ wurde wegen Drogenhandels und Verstößen gegen das Waffengesetz zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt, sein früherer Mitstreiter Baris T. muss für sechs Jahre und drei Monate hinter Gitter. Ziemlich überraschend war dagegen das Schlusswort K.’s: „Die Satudarah-Mitglieder sollten mich als Vorbild nehmen und den Club verlassen“, forderte der 38-Jährige, der seinen Sinneswandel mit der lebensgefährlichen Erkrankung seines Sohnes begründet hatte.

Mit dem Urteil blieb die 6. Große Strafkammer am unteren Rand der nach dem ersten Prozesstag getroffenen Höchststrafenvereinbarung. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor sieben Jahre gegen K. und sechs Jahre vier Monate gegen Baris T. gefordert.

Rund ein Drittel der Anklage, die Yildiray K. insgesamt 15 Fälle von Drogenhandel und Waffengesetzverstößen - darunter der Schmuggel von Sturmgewehren und Maschinenpistolen - zur Last gelegt hatte, war auf Antrag der Staatsanwaltschaft eingestellt worden, darunter auch ein Handgranatenwurf auf ein Vereinsheim der Hell’s Angels in Rheinhausen. „Die Satudarah hatten aufgerüstet“, so der Staatsanwalt. Und das vor dem Hintergrund der Konkurrenz zu den Hell’s.

Die übrigen elf Taten hatte K. bereits am voran gegangenen Verhandlungstag rückhaltlos gestanden, was dem MC-Präsidenten - er fühlt sich nicht mehr als solcher und auch in den Augen seiner Club-Kameraden dürfte er es kaum noch sein - die Strafmilderungsgründe der Kronzeugenregelung eintrug. Bei zwei großen Drogenverstößen war außerdem nicht auszuschließen, dass K. aufgrund seiner Drogensucht zur Tatzeit nicht voll schuldfähig war. Auch bei Baris T. wirkte sich dessen Geständnis - er räumte der Prozessabsprache gemäß fünf der angeklagten Taten ein - strafmildernd aus. Die Kronzeugenregelung fand bei ihm allerdings keine Anwendung: Im Gegensatz zum Mitangeklagten hatte T. nur seinen eigenen Tatbeitrag offenbart, dabei aber keine Dritten belastet.

Er wolle nicht als Verräter gelten, hatte Yildiray K. in seinem Schlusswort gesagt. „Ich habe nur die Wahrheit gesagt. Nicht um persönlicher Vorteile willen. Ich habe keinen Ehren-Kodex gebrochen. Gäbe es den, hätten mich ja nicht vorher schon drei Satudarah belasten können.“ K. bedankte sich für das faire Verfahren - insbesondere auch in Richtung der Polizei. Und er entschuldigte sich bei der Familie des Mitangeklagten: „Ich bedaure, dass Baris unter meiner Verantwortung als Präsident da reingerutscht ist.“

K. habe großen Mut bewiesen, als er sich im November dazu entschloss, bei der Polizei ein umfassendes Geständnis abzulegen, so der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Ohne die Aufklärungshilfe wäre die Strafe wohl „um viele Jahre höher ausgefallen“.

Mit dem Urteil ordnete das Gericht die Unterbringung K.’s in einer geschlossenen Drogen-Therapieeinrichtung an. Vorher wird er - Untersuchungshaft abgerechnet - nur noch rund ein halbes Jahr im Gefängnis verbringen müssen. Bei erfolgreicher Therapie könnte K. in etwa zweieinhalb Jahren wieder auf freien Fuß kommen.

Deutlich schneller als erwartet, war das Verfahren gestern zu Ende gegangen. Die Strafkammer sparte sich den für kommenden Dienstag ursprünglich geplanten vierten Verhandlungstag. Die rund 100 Polizisten, die auch gestern wieder das Gerichtsgebäude sicherten - und der Steuerzahler, der die verschärften Sicherheitsvorkehrungen des Prozesses bezahlen muss, werden es ihr danken.