In Mülheim wurde Alarm geschlagen, weil Pflegefamilien Mangelware sind. Der Düsseldorfer Kollege rief gerade erst bei Duisburgs Jugendamtsleiter Holger Pethke an, um nach freien Pflegefamilien zu fragen. Aber hier wie dort, bundesweit gibt es mehr betreuungsbedürftige Kinder als Familien, die in Not geratene Zwerge bis zum Alter von sechs Jahren aufnehmen. Ältere Kinder werden in der Regel stationär untergebracht, weil sie sich nur schwer in andere familiäre Gefüge einbinden lassen.

Zuletzt waren in Duisburg knapp 300 Kinder dauerhaft in Pflegefamilien untergebracht. Weitere 350 Kinder werden von Verwandten betreut und über das Jugendamt begleitet. Außerdem gibt es 20 Bereitschafts-Familien, die auch ad hoc ein Kind aufnehmen, bis über das weitere Schicksal entschieden wird.

Der Mangel an Pflegefamilien hat nach Ansicht von Pethke und Sachgebietsleiter Dirk Franzmann vom Jugendamt mehrere Ursachen. Neben dem demografischen Wandel und der Fluktuation seien das vor allem die Probleme, die die Kinder mitbringen. Viele Kinder seien seelisch behindert, durch frühkindliche Traumata, durch Vernachlässigung, Misshandlung geprägt. Eine Herausforderung für eine Pflegefamilie, die dem Kind nicht nur eine stabile häusliche Umgebung, geregelten Tagesablauf, liebevollen Umgang gewähren soll, sondern auch beim Kontakt mit der Herkunftsfamilie unterstützen, Therapien und medizinische Versorgung gewährleisten soll.

„Wir könnten doppelt so viele Familien vertragen“, sagt Dirk Franzmann und hofft auf ein Akquisemodell mit der Awo, über das neue Pflegefamilien geworben werden sollen. Insbesondere Familien mit Migrationshintergrund sind Mangelware. Das bestätigt auch Dezernent Thomas Krützberg: Unter den Pflegeeltern hätten bislang nur zehn Prozent einen Migrationshintergrund, bei den Pflegekindern seien es indes 75 Prozent. Im Sinne einer milieunahen Unterbringung sei vor allem bei türkisch- oder russischsprachigen Eltern dringender Nachholbedarf.

Reich werden Pflegeeltern nicht, landesweit erhalten sie je nach Alter des Kindes 722 bis 914 Euro für den Lebensunterhalt des Kindes, darin enthalten sind 233 Euro für die Erziehungsleistung. Pflegefamilien, bei denen ein Elternteil pädagogische Qualifikationen hat, sogenannte Erziehungsstellen, erhalten etwa das doppelte. Und dennoch ist stationäre oder teilstationäre Unterbringung viel teurer: Im Vergleich kostet ein Heimplatz 3600 Euro monatlich. Abgesehen davon ist für Kleinkinder eine Unterbringung in einer Familie aber auch pädagogisch sinnvoller.