Duisburg. Nach dem Unfall an der Haltestelle Vierlinden in Duisburg-Walsum hat die Duisburger Verkehrsgesellschaft technisches Versagen nach Überprüfung ausgeschlossen. Die Bahn hatte Montag eine 18-Jährige in der Tür eingeklemmt und 420 Meter mitgeschleift. Das Opfer braucht mehrere Hauttransplantationen.

Je mehr Details zum Unglück am Montag auf der Linie 903 in Walsum bekanntwerden, desto erleichterter ist die Polizei. Nicht, weil alles gut ist, sondern weil die eingeklemmte Passagierin nach Einschätzung von Polizeisprecher Ramon van der Maat „Riesenglück im Unglück“ hatte.

Die 18-Jährige, die Montagmorgen an der Haltestelle „Vierlinden“ 420 Meter weit mitgeschleift wurde, befindet sich derzeit auf der Intensivstation. Mit zahlreichen Nähten, einem gebrochenem Ellenbogen und Haut-Verpflanzungen an Rücken, Oberschenkeln und Gesäß wird sie auf unbestimmte Zeit das Krankenbett hüten müssen. „Man kann kaum glauben, dass nicht mehr passiert ist, wenn man sieht, wie sie zwischen Beton-Gleisbett und Bahn geraten ist“, so der Polizeisprecher.

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Die Betroffenheit ist auch beim Bahnbetreiber DVG groß. Die Unglücks-903 war Montag nach dem Unfall gleich zum Betriebshof gebracht worden, wo die Technische Aufsichtsbehörde alle Funktionen, insbesondere aber die Sicherheitsvorkehrungen an den Türen, überprüft hat. Das Ergebnis: Die über 20 Jahre alte Bahn, samt Düwag-Falttüren und Sensoren, die die Türen bei einem Hindernis sofort aufklappen lassen, funktionierten tadellos. So tadellos, dass die Bahn am gleichen Tag schon wieder Fahrgäste durch Duisburg transportierte. Bleibt die Frage: Wie kann eine Erwachsene Hunderte Meter in einer Tür mitgeschleift werden, wenn die Türen sich bei Hindernissen gar nicht hätten schließen dürfen?

18-Jährige hielt Tür des hintersten Waggons offen

Gesichert ist, dass die 18-Jährige die letzte Tür des hintersten Waggons von außen aufgehalten hat, um ihre nachfolgende Schwester noch mit in die Bahn zu nehmen. „Das war keine klassische Einstiegssituation“, so DVG-Sprecherin Anamaria Preuss, „sondern eine Tür-Blockade.“ Ob das Notfallsystem deshalb versagt hat, ist reine Spekulation. Bei Vorführungen an einem bau- und typengleichen Modell öffneten sich gestern die Türen selbst dann, wenn man sich gewaltsam zwischen die mit Drucksensoren ausgestatteten Gummilippen an den Ausgängen zwängte.

Die Spekulationen - und die Fakten

Eine über 20 Jahre alte Bahn – da kann mal eine Sicherheitspanne passieren, oder nicht? „Nein“, sagt Anamaria Preuss von der DVG. „Die Bahnen werden alle 2500 Kilometer, also alle ein bis zwei Wochen überprüft.“ Gerade die Falttüren werden täglich breit getestet: Das gleiche Modell ist zehntausendfach in Bahnen quer durch Europa verbaut.

Ist jemand, der sich zwischen Türen stemmt, nicht selbst schuld, wenn er eingeklemmt wird? Ebenfalls ein klares „Nein“ von der DVG: „An den Türen gibt es Lichtsensoren, die jede Hand, jedes Bein im Einstieg erfassen.“ In keinem der täglich unzähligen Fälle, bei denen Fahrgäste Türen aufzwingen, ist es je zu einem derartigen Unglück gekommen.

Nur an einer Stelle erfassen die horizontalen und vertikalen Lichtschranken den Passagier nicht: Wenn er beim Einsteigen die Schuhspitze oder die Zehen auf der untersten Stufe abstellt, schließt die Tür trotz Hindernis. In der Fahrerkabine würde nun das Signal zum Losfahren ertönen. Im Testfall gestern ließ die Schuhspitze sich leicht aus der Gummidichtung ziehen. Ob dies auch bei einer fahrenden Bahn oder verdrehtem Fuß möglich wäre, bleibt zu klären. „Wir unterstützen die Polizei bei der Aufklärungsarbeit“, so die DVG-Sprecherin, „wenn wir aus dem Unglück lernen können, lässt sich ein so schrecklicher Fall hoffentlich in Zukunft verhindern.“ Die Fahrerin der 903 steht noch immer unter Schock und kann nicht vernommen werden. Daher ist weiterhin fraglich, warum sie das eingeklemmte Mädchen beim vorgeschriebenen Blick in den Rückspiegel nicht gesehen hat.