Duisburg. Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link im NRZ-Interview - Er zieht Bilanz zum Jahresende und gibt einen Ausblick auf das kommende Jahr. Dabei erklärt er, warum er seine Arbeit trotz der Rückschläge bei Großprojekten für erfolgreich hält und was ihm dagegen 2013 schlaflose Nächte bereitet hat.

Herr Oberbürgermeister, sind Sie froh, dass das Jahr 2013 vorbei ist?

Sören Link: Es war mit Sicherheit ein anstrengendes Jahr. Ich freue mich, dass ich jetzt ein paar Tage frei hatte. Denn die Betriebsferien der Stadtverwaltung über die Feiertage galten auch für mich.

Es gab in 2013 für die Stadt zahlreiche Rückschläge, vor allem bei Großprojekten. Hat die Stadt Fehler gemacht?

Link: Die meisten Großprojekte sind ja nicht neu. Natürlich hätte ich mir gewünscht und erwartet, dass viele Projekte schneller abgearbeitet und realisiert werden. Aber es gab immer sehr individuelle Probleme, die zu Verzögerungen geführt haben. Und wir haben als Stadt eben nicht auf alle Entwicklungen Einfluss.

Zum Beispiel?

Link: Nehmen Sie die Verzögerung beim Stadtfenster. Multi Development war vorher stets ein verlässlicher Partner. Plötzlich gab es Verunsicherungen, nichts war mehr klar. Aber die Übernahme des Unternehmens durch einen US-Investor liegt nun einmal nicht im Einflussbereich der Stadt. Und die Verzögerung auf der Duisburger Freiheit wiederum hatte ganz andere Gründe, unter anderem auch durch die bis jetzt fehlende Genehmigung des Baus der Autobahnausfahrt. Da kann auch Investor Kurt Krieger, der nach wie vor von dem Projekt überzeugt ist, nichts dafür.

Hätte man beim Factory Outlet Center nach dem ganzen Theater nicht früher die Reißleine ziehen müssen?

Link: Der Ratsauftrag ist eindeutig und ich halte ihn auch für richtig. Nachdem das Vertrauen erschüttert war, muss bis Februar geklärt werden, wie es weiter geht. Und sollte es mit den Investoren nicht weitergehen, müssen Alternativen auf den Tisch. Das ändert nichts an der Grundhaltung, dass wir an der Stelle ein FOC wollen, da es für den Norden eine Aufwertung bedeutet.

Dennoch hängen die Projekte in der Warteschleife, es macht sich ein Gefühl von Stillstand breit.

Link: Wie gesagt, die Gründe für die Verzögerungen sind sehr unterschiedlich. Wenn wir die Probleme angehen und aus dem Weg räumen können, wie uns das zuletzt beim Stadtfenster und auch beim Bibliotheks-Grundstück an der Düsseldorfer Straße gelungen ist, dann gibt uns das auch Kraft. Zudem gibt es auch Projekte, die kaum im öffentlichen Fokus standen, mir aber schlaflose Nächte bereitet haben.

Welches Projekt hat Sie denn schlecht schlafen lassen?

Link: Zum Beispiel die Erweiterung des Unternehmens Woma in Rheinhausen. Da geht es um mehr als 100 Arbeitsplätze. Über Wochen und Monate sah es zunächst so aus, als würde das nicht funktionieren. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass es geklappt hat.

Wann das Stadtfenster fertig wird und die Mercatorhalle wieder öffnet 

Werden Bibliothek und VHS wie geplant 2014 im neuen Stadtfenster eröffnen?

Link: Ob es Ende 2014 oder Anfang 2015 wird, ist nicht entscheidend. Ich nehme ein paar Tage mehr Zeit gerne in Kauf, bevor alles unter Druck gesetzt wird und wir den Bau nach fünf Jahren wieder wegen Brandschutzmängeln schließen müssen.

Wie es bei der Mercatorhalle der Fall war. Wann wird sie wieder geöffnet?

Link: Wir werden 2014 mit der Beseitigung der Mängel beginnen. Und ich halte es auch für legitim, in Ruhe mit dem Eigentümer abzustimmen, wer welche Kosten trägt. Ich kann mir vorstellen, dass der kleine Saal im Laufe des Jahres wieder geöffnet werden kann, bei dem Großen Saal halte ich das für ausgeschlossen. Wichtig ist mir aber auch hier, dass wir das sauber handhaben. Es darf keinen erneuten Zeitdruck geben, hier geht ganz klar Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

Eines der neueren Projekte ist das Mercatorquartier. Auch das musste komplett überarbeitet werden. Wie ist dort der Stand?

Link: Wir werden den Plan und das Modell im März vorlegen können, voraussichtlich wird das bei der Immobilienmesse Mipim in Cannes der Fall sein. Dann wird hoffentlich auch fest stehen, wie das Mercatorhaus aussehen soll.

Im Mai sind Kommunalwahlen. Werden bis dahin alle unbequemen Entscheidungen verschoben?

Link: Nein. Ich bin mir sicher, dass der Rat damit sehr sensibel umgehen wird. Als Stadt werden wir jedenfalls keine Themen aufschieben. Was entscheidungsreif ist, wird auch entschieden.

2014: drei Millionen Euro Soforthilfe und die Hoffnung auf Infrastruktur-Mittel 

Zeichnet sich 2014 eine erneute Sparrunde ab?

Link: Wir haben einen Haushaltssicherungsplan, der uns allen Problemen zum Trotz finanziell handlungsfähig macht. Ich rechne im Januar oder Februar mit der Genehmigung des Haushalts durch die Bezirksregierung. Damit sind wir in diesem Jahr sehr früh handlungsfähig. Den Haushalt für 2015 werden wir dann Ende September einbringen. Und 2016 werden wir erstmals wieder einen Haushalt verabschieden, ohne neue Schulden zu machen.

Steht Duisburg mit der Freizügigkeit ab Januar die nächste Zuwanderungswelle aus Südosteuropa bevor?

Link: Darüber spekulieren alle, aber wirklich wissen kann keiner, wie sich die Zuwanderung entwickeln wird. Wir haben inzwischen Strukturen, die greifen, mit denen wir arbeitsfähig sind und schnell reagieren können. Sie dienen sogar als Vorbild für andere Städte. Vor einem Jahr waren wir ein Stück überfordert, wenn es zum Beispiel um Bandenkriminalität oder die sogenannten Klau-Kids ging. Jetzt sind wir wesentlich besser gewappnet, weil die Zusammenarbeit entscheidend verbessert wurde. Und wenn von den Soforthilfe-Mitteln des Landes drei Millionen Euro nach Duisburg gehen, dann ist das eine weitere Hilfe, die uns noch mehr Möglichkeiten eröffnet.

Das neue Jahr wird also besser für die Stadt als 2013?

Link: Die Stadt hat allen Grund optimistisch ins neue Jahr zu starten. Das Jahr 2013 war längst nicht so schlecht wie alle meinen. Der U3-Ausbau zum Beispiel war allen Unkenrufen zum Trotz in Duisburg ein Erfolg. Und er wird weitergehen, damit wir weiter als familienfreundliche Stadt punkten können. Mit der Küppersmühle ist für die Gebag ein großer Mühlstein aus dem Weg geräumt, damit können wir einen Schlussstrich unter ein sehr teures und schwieriges Kapitel ziehen. Wir haben viel erreicht, man muss sich nur an die Debatten erinnern, die wir Anfang 2013 geführt haben. Jetzt ist beispielsweise die Opernehe mit Düsseldorf gerettet, die Zukunft der Philharmoniker gesichert.

Die gemeinsame Ausschreibung der Zugsicherung für die U79 mit Düsseldorf aber ist gescheitert.

Link: Wir werden die Probleme weiterhin offen angehen. Das ist wichtig, wird oft nicht honoriert, zahlt sich aber langfristig aus. Bei der U79 ging es einfach nicht, das haben wir dann offen gesagt. Ich bin mir aber sicher, dass wir eine Lösung finden werden, mit dem Land, dem Bund oder der EU. Es geht dabei ja nicht nur um die U-Bahn, sondern um die gesamte Verkehrsinfrastruktur, auch um Straßen und Brücken.

Das Gebot für die Stadt und die private Energiequelle des OB 

Was ist also das Gebot für die Stadt im Jahr 2014?

Link: Die Arbeit geht weiter. Wir haben eine Menge Projekte angestoßen, die wir zu Ende bringen müssen. Mit ist klar, dass die Leute etwas Greifbares sehen wollen, eine Baustelle, auf der sich etwas bewegt. Ich bin überzeugt, dass es uns 2014 gelingt, dass erste Arbeiten sichtbar sein werden. Zum Beispiel beim Marientor-Carree. Ansonsten setzen wir die gute Arbeit aus 2013 fort, das gilt für alle Bereiche, auch für die Bildung. Den Schwung müssen wir mitnehmen, damit wir selbstbewusst ins neue Jahr starten können. Es dürfte keinen überraschen, dass die Gesamtentwicklung bei unserer Ausgangslage etwas länger dauert. Die Stadt hat an vielen Stellen nur die Möglichkeit, kleine Rädchen zu drehen. Das Image lässt sich nicht durch zwei Reden oder zwei Aktionen ändern.

Und wie blickt der OB persönlich auf das neue Jahr?

Link: Der Job macht mir Spaß, das habe ich schon letztes Jahr gesagt und das sage ich heute immer noch. Die interne Arbeit klappt viel besser als ich mir das anfangs vorgestellt hatte. Ich habe ein gutes Team von Leuten. Ich bin ein Mensch, der Entscheidungen vorher gerne diskutiert, Argumente abwägt, auch wenn ich am Ende alleine entscheiden muss und dafür die Verantwortung trage. Und ich bin privat sehr glücklich. Der Job ist extrem fordernd und anstrengend, da ist es wichtig, dass man sich auf sein privates Umfeld stützen kann, das gibt mir Kraft.

Ist das Versprechen, sich als OB das Rauchen abzugewöhnen, immer noch ein Vorsatz?

Link: Das ist schwieriger, als ich mir das vorgestellt habe, bleibt aber nach wie vor mein Ziel. Wie auch der Vorsatz, mehr Sport zu treiben und etwas für meine Figur zu tun.