Am 23. September, einen Tag nach der Bundestagswahl, sah die Welt für die Mitglieder der SPD nicht unbedingt rosiger aus, doch ließ sie sich entspannter betrachten. „Der Ball liegt im Feld von Kanzlerin Angela Merkel. Sie ist von den Wählerinnen und Wählern beauftragt, eine Regierung zu organisieren“, schrieben die Duisburger Sozialdemokraten in ihrer ersten Pressemitteilung nach der Wahl. Inzwischen liegt der Ball bei der SPD. Gestern fand im „Kleinen Prinzen“ eine der bundesweit ersten Informationsveranstaltungen zum Koalitionsvertrag statt, um bei der Basis um Zustimmung zu werben.

„Die Mitglieder sollen bis zum 6. Dezember die Stimmzettel erhalten“, erklärt Joachim Franz von der Duisburger SPD-Geschäftsstelle. Bis zum 12. Dezember um 24 Uhr müssen die Briefe mit der Zustimmung oder Ablehnung beim Parteivorstand in Berlin eingegangen sein. Prognosen über den Ausgang der Befragung und die Chancen auf eine schwarz-rote Regierung möchte noch niemand abgeben, selbst vorsichtiger Optimismus ist kaum zu vernehmen.

Denn sogar diejenigen, die sich nach den Verhandlungen mit der CDU für eine große Koalition aussprechen, hätten „ein Grummeln im Magen“, sagte die Duisburger Bundestagsabgeordnete und SPD-Vize Bärbel Bas gestern. Zwar gebe es nach den Verhandlungen in Berlin auch positive Rückmeldungen von der Basis und Lob für einzelne Vereinbarungen mit den Christdemokraten, doch „es gibt ganz viele, die suchen das Haar in der Suppe“, räumte Bas ein. Sie würden sich an einzelne Themen klammern und deshalb den gesamten Vertrag ablehnen. Ein Mitglied im „Kleinen Prinzen“ sah es vor der Veranstaltung ähnlich. „Einer unserer Grundwerte ist die Solidarität“, sagte die Frau. „Das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man die Koalition aus rein persönlichen Gründen ablehnt.“

Bas, der neugewählte Bundestagsabgeordnete Mahmut Özdemir und auch NRW-Innenminister Ralf Jäger erläuterten den Duisburger Mitgliedern die Schwerpunkte der Koalitionsvereinbarung. Arbeitsmarktpolitik, die kommunalen Finanzen und die Rentenpolitik standen dabei im Mittelpunkt. Themen, die laut Bas für die Mitglieder in Duisburg besonders schwer wiegen. „Erfolge wie den Mindestlohn haben wir uns aber teuer erkauft“, haderte ein junger Mann mit den Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen. Er tendiert dazu, ein „Nein“ an den Parteivorstand zu senden – viele Genossen ließen diese Position gestern ebenfalls durchblicken.

Bärbel Bas sorgt sich um die nahe Zukunft ihrer Partei, sollte die Mehrzahl der Mitglieder tatsächlich der Koalition ihre Zustimmung verweigern. „Hält uns die Wählerschaft dann vielleicht für nicht regierungsfähig?“ Die Außenansicht muss bei der Abstimmung ebenfalls bedacht werden, so Bas.

Auch die Alternativen zur Zustimmung: Käme es zu einer schwarz-grünen Koalition, könne die SPD in der Opposition nur wenig bewegen. Die Sozialdemokraten, glaubt Bas, müssen Neuwahlen mehr fürchten als die Kanzlerin. Viele Mitglieder sehen das anders. „Durch eine Ablehnung können wir Rückgrat zeigen“, gab sich ein Mitglied zuversichtlich. „Das bringt uns Sympathien ein.“