Nun hat auch die Stadt die Reißleine gezogen. Schon längst pfiffen die Spatzen von den Dächern, dass die neue Firmenzentrale von Multi Development auf der Bahnhofsvorplatte nicht kommt, gestern um 17.14 Uhr gab die Stadt offiziell bekannt, dass aus der geplanten Bebauung an der Mercatorstraße nichts wird. „Der geplante Investor steht für die Umsetzung des Projekts nicht mehr zur Verfügung. Deshalb ist geplant, einen neuen Investor zu suchen“, lautete die nüchterne Mitteilung.

Sondersitzung am Donnerstag

Bereits am Donnerstag sollen die politischen Gremien auf einer Sondersitzung reagieren, der Ausschuss für Stadtentwicklung und die Bezirksvertretung Mitte sollen ihre Beschlüsse zurückziehen. Dazu gehört sowohl der geplante Umbau der Mercatorstraße als auch der umstrittene Fällbeschluss für die 32 Platanen.

„Damit ist für uns ein Riesenpfund erreicht“, freute sich gestern die BUND-Kreisvorsitzende Kerstin Ciesla, die das Bürgerbegehren zum Erhalt der Platanen initiiert hatte. „Damit bleibt uns auch das Sammeln der Unterschriften über die Weihnachtstage erspart.“ Zunächst will sie aber abwarten, bis die Bezirksvertretung den Fällbeschluss tatsächlich aufhebt. „Dann ziehen wir im Gegenzug auch unser Bürgerbegehren zurück“, kündigt sie an.

Nach Angaben der Stadt hatte Multi Development konkrete Pläne vorgelegt, Zeitdruck für den Umbau der Straße habe es vor allem deshalb gegeben, weil der Bürogebäude-Riegels mit Einzelhandel und Gastronomie im Erdgeschoss auf den zwei östlichen Fahrspuren stehen sollte. Doch weil Multi nun auch offiziell einen Rückzieher macht, hat es die Stadt jetzt mit der Umgestaltung der Mercatorstraße nicht mehr eilig.

Klar ist, dass die Verlegung der Straße auch künftig von der Lage des Neubaus abhängt. Denn an den Plänen für einen Gebäuderiegel wird die Stadt auch künftig nicht rütteln: Schließlich sehe der Masterplan für die Innenstadt des renommierten Architekturbüros Foster diese „bauliche Ergänzung“ vor, die dem Bahnhofsplatz „eine räumliche Fassung geben“ soll.

Zur Wahrheit gehört aber auch der finanzielle Aspekt: Den Umbau der Straße will die Stadt aus dem Verkaufserlös des Grundstücks finanzieren. Verträge sind nicht rückabzuwickeln: Multi hatte den Kaufpreis für das Grundstück noch gar nicht gezahlt.

OB Sören Link hatte bereits im Vorfeld erklärt, dass er sich sicher sei, dass sich „für dieses Filetgrundstück“ ein Investor finden lässt, falls Multi Development abspringt. Die Stadtplaner hatten allerdings auch mehrfach betont, dass sich der Baukörper wegen der Mindestbreite nicht mehr so verschieben lässt, um alle Bäume zu erhalten. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sehen dennoch gelassen in die Zukunft. „Wir sind erst einmal optimistisch“, sagt Kerstin Ciesla. „Natürlich ist der Bebauungsplan weiterhin gültig. Aber falls es einen neuen Investor geben sollte, lässt sich dann ohne Druck über die Verkehrsführung diskutieren.“

Planung „aus einem Guss“

Die künftige Straßenplanung soll nach Angaben der Stadt „in enger Abstimmung“ mit dem neuen Investor „aus einem Guss“ erfolgen — und mit allen beteiligten Akteuren entwickelt werden. Neben den Anforderungen von DVG und Feuerwehr, der Verkehrssicherheit und Fahrradfreundlichkeit, nannte die Stadt gestern auch den Erhalt von Bäumen als Kriterium für die künftige planerische Abwägung.

Die Neugestaltung des eigentlichen Bahnhofsplatzes sei von der Aufhebung der Beschlüsse übrigens nicht betroffen, betonte die Stadt gestern.