Heute vor 90 Jahren ging in Deutschland das erste Radioprogramm über den Äther. Das Radiomuseum in Ruhrort erinnert an die schwierigen Anfänge des Radios und an seine Hochzeit in deutschen Wohnzimmern.

Am 29. Oktober 1923 sendet das Voxhaus in Berlin das allererste Radioprogramm. Der Inhalt ist dem aktuellen dabei ähnlicher als man denkt. „Das Programm bestand aus Nachrichten, Musik und Sport“, berichtet Walter Voigt, Vorsitzender des Radiomuseums.

450 Radios stehen in der alten Sporthalle an der Bergiusstraße, in der das Radiomuseum seit 2005 beheimatet ist. Im Museum sieht es aus wie in einer gemütlichen Wohnstube. In den Regalen reiht sich Radio an Radio. Eines der ersten Empfangsgeräte ist der „A1H“ der Firma Birgfeld.

Gesellschaftsfähig ist das Radio damals noch nicht. An das schmucklose, schwarze Gerät kann ein Kopfhörer via Klemmen angeschlossen werden. Später werden Verteiler erfunden, die das Anschließen von mehreren Kopfhörern ermöglichen. Einzug in Millionen Haushalte hält das Radio dann im Dritten Reich. Die Nationalsozialisten nutzen es für ihre Propaganda. Die so genannte „Goebbelsschnauze“ hat einen Lautsprecher und ist 35 Reichsmark teuer. Die Besonderheit: „Der Volksempfänger durfte nicht gepfändet werden“, erzählt Voigt.

Alte Munitionskistenals Gehäuse verwendet

Das Radiomuseum zeigt auch Empfänger aus der Nachkriegszeit. Die Industrie hatte die Serienproduktion eingestellt. Apparate wurden nichtsdestotrotz gebastelt. „Da das Material knapp war, wurden zum Beispiel alte Munitionskisten als Gehäuse verwendet“, beschreibt der Radioexperte, wie sich die Menschen zu helfen wussten.

Mit dem wachsenden Wohlstand in Deutschland wurden auch die Rundfunkgeräte immer ausgefallener und aufwendiger. Es gibt Kofferradios in Kroko-Leder-Optik oder mit Edelholz verzierte Radios. „Das Radio wurde zum Statussymbol und war Blickfang in jedem Wohnzimmer. Fernseher konnte sich ja kaum jemand leisten“, erläutert Walter Voigt, der in seiner Jugend selber Radios bastelte.

Dem Prunk die Krone setzt dann wortwörtlich das Modell „Königin“ der Firma Saba auf. Der 167 Kilogramm schwere Schrank kommt Anfang der 60er Jahre auf den Markt, enthält Radio und Fernsehen, und ist damals satte 4400 Mark teuer.

Die „Königin“ ist auch eines der neueren Modelle im Radiomuseum. Mit der geringeren Bedeutung der Radios durchs Fernsehen wurde auch die Vielfalt der Geräte geringer. „Die heutigen Radios sind nicht ausstellungswürdig“, befindet Walter Voigt.