Erst war ein NS-Dokumentationszentrum geplant. Dann kam der Name Zentrum für Erinnerungskultur, Menschenrechte und Demokratie aufs Tablett. Und zuletzt machte der Vorschlag Denk-Stätte für Erinnerungskultur die Runde. Wie die neue Einrichtung in den Räumlichkeiten des Stadtarchivs am Johannes-Corputius-Platz im Innenhafen nun heißen wird, muss am Ende die Politik entscheiden. Darauf wies Kulturdezernent Thomas Krützberg bei der Sitzung des Kulturausschusses hin. Auch die Entscheidung darüber, ob dem Konzept dieses Zentrums zugestimmt werden soll, verschoben die Mitglieder des Gremiums in die Ratssitzung am 11. November (wir berichteten).

Lebensgeschichten vorführen

Laut Krützberg soll die neue Erinnerungsstätte „Knotenpunkt eines städtischen Netzwerkes für Erinnerungskultur“ werden, das in „modularen Schritten“ aufgebaut werden soll: der erste im kommenden Jahr, der zweite in 2015 – dann, wenn die bisherigen Räume des abwandernden Museums Königsberg frei werden. „Wir wollen dort Lebensgeschichten vorführen. Das ist für Kinder und Jugendliche enorm wichtig“, so Krützberg. Großes Problem: Die Zeitzeugen sterben aus.

In diese Kerbe schlug auch Barbara Laakmann von den Linken: „Das direkte Gespräch mit einem Betroffenen ist ein Eindruck, der der eindringlichste ist“, berichtete die Leiterin der Alfred-Hitz-Schule über ihre Erfahrungen bei Klassenbesuchen von Unterdrückten des Nazi-Regimes. Deshalb sollten nach dem Prinzip der Shoah Foundation nun auch hier Augenzeugenberichte gefilmt werden, um sie nach deren Tod für die Nachwelt zu bewahren.

Thomas Wolters (FDP) befürchtete, dass der Anteil an Dokumentation nach dem Konzept zu kurz kommen könne. Eine Sorge, die Krützberg nicht teilte: „Wir haben rund 400 Quadratmeter Fläche, das ist im Vergleich zu anderen Einrichtungen dieser Art ein guter Wert.“

Christiane Wedding (DWG) sagte, dass ihre Fraktion mit den Vorschlägen für Name und Standort nicht zufrieden sei. Im Stadtfenster an der Münzstraße hätte es mehr Laufkundschaft gegeben. Krützberg verteidigte den Innenhafen als einen der attraktivsten Plätze der gesamten Stadt. Kritik auch von Frank Heidenreich (CDU). Er nannte das Konzept „mit der heißen Nadel gestrickt“ und stellte fest: „Diese abgespeckte Version ist nicht das, was wir uns gewünscht haben.“ Eine Zustimmung seiner Partei für dieses Konzept im Rat ließ er offen. Dieser Sichtweise widersprach Krützberg vehement: „Erstmals gibt es nach Jahren des ständigen Hin und Her eine fachliche, räumliche und finanzielle Konzeption.“

Udo Vohl signalisierte für die SPD, dass seine Partei dem Konzept zustimmen werde: „Lassen sie uns das machen. Wir sind froh, wenn es nach Jahren der Diskussion endlich losgehen kann.“

Sein Parteifreund Winfried Boeckhorst bot an, jene Geschichten und Einzelschicksale zum Fundus beizusteuern, die er als Bezirksbürgermeister in den vergangenen Jahren sammeln konnte: „Bei 90. oder 95. Geburtstagen gratuliere ich für die Stadt. Dort treffe ich noch auf solche Augenzeugen.“ Ihre Berichte gelte es zu bewahren: „Geschichte ist immer eine Summe der Einzelschicksale“, so der Historiker.