Duisburg. Dr. Nicolas Wöhrl und sein Team forschen im NanoEnergieTechnikZentrum der Uni Duisburg-Essen an und mit Diamanten. Für ihre Untersuchungen stellen die Wissenschaftler die wertvollen Steine selbst her und entdecken deren zahlreiche Potenziale.
Ein Ball in gleißendem Türkis leuchtet auf, als Reinhard Remfort die Mikrowelle anschaltet. „Wir befördern gerade eine Mixtur aus Wasserstoff und Methan in den Behälter. Die Wellen regen das Gas an. So entsteht Plasma.“ Der Physiker wählt einfache Worte, um die strahlende Kugel wenigstens im Ansatz zu erklären. Weniger sichtbar, dafür umso faszinierender ist aber ohnehin der Vorgang, der sich unterhalb des Plasmaballs abspielt: Auf einer kleinen Platte – mitten in dem zylinderförmigen Gerät – wächst ein Diamant.
Für Remforts Doktorvater Nicolas Wöhrl sind die Steine ein Faszinosum. Nicht dann, wenn sie an Ringen und Colliers glänzen. Vielmehr aus wissenschaftlicher Perspektive beschäftigt sich der 39-Jährige seit zehn Jahren mit den Kristallen. Und steht in vielerlei Hinsicht doch erst noch am Anfang seiner Forschung: „In Bereichen wie Werkstofftechnik, IT-Technologie und Biomedizin werden Diamanten zum Teil schon heute eingesetzt“, erklärt er. „Und auch in der Rückgewinnung von Energie aus Abwärme haben wir schon Erfolge erzielt.“ Doch noch seien zahlreiche Potenziale der aus Kohlenstoff bestehenden Steine nicht erforscht. Ab Oktober unterstützt deshalb das Mercator Research Center Ruhr eines von Wöhrls Diamanten-Projekten. Die betreibt er im NanoEnergieTechnikZentrum, kurz NETZ, an der Uni Duisburg-Essen. Unterstützung kommt zudem von Kollegen aus Dortmund und Bochum.
Forschung an Defekten
220.000 Euro erhalten der Physiker und seine Kollegen dann für die Forschung an hochreinen Diamanten. Oder besser gesagt an deren Defekten. „Denn erst die“, sagt der Gelsenkirchener, „machen einen Diamanten interessant“. Aus gitterförmig angeordneten Kohlenstoffatomen bestehen die Kristalle. Mit sogenannten Ionenkanonen etwa, können Forscher einzelne dieser Atome durch andere Elemente ersetzen. „Diese Verunreinigungen kommen auch in der Natur vor. Aber wir könne sie während oder nach der Herstellung gezielt einbringen.“ Ziel seines Projekts ist es, die Zusammenhänge zwischen Defekten und den daraus entstehenden Charakteristika der Diamanten herauszustellen. „Wenn uns das gelingt, können wir gewünschte Eigenschaften künftig schon bei der Herstellung der Diamanten gezielt einstellen.“
Als Ergebnis des Projekts erhofft sich Wöhrl unter anderem Fortschritte in der medizinischen Diagnostik. „So könnten künftig etwa bei einer MRT bisher unerreichte räumliche Auflösungen im Naonmeterbereich erzielt werden.“ Heißt zum Beispiel: Bei Hirntumoren könnte die Umgebung viel genauer untersucht und eine Behandlung entsprechend gezielter durchgeführt werden.
Nur eines von vielen Potenzialen, die in den Steinen schlummern – von denen das schmückende sicherlich das unspektakulärste ist.