Schon mehrfach hatte sich ein Ehepaar aus Kaßlerfeld getrennt und wieder versöhnt. Doch immer wieder gab es handfesten Krach. Zuletzt am 28. März, als der 36-jährige Gatte seine gerade wieder einmal getrennt lebende Ehefrau in deren Wohnung in Wanheimerort besuchte. Laut Anklage hatte er sie geschlagen und beleidigt. Die gestrige Verhandlung vor dem Amtsgericht ließ allerdings auch den Schluss zu, dass es genau andersherum gewesen sein könnte.

Der Angeklagte berichtete, er habe auf Einladung seiner Frau die Nacht bei ihr verbracht. Schon tags zuvor hatte es Streit gegeben. Der flammte am Mittag des Tattages wieder auf. „Sie hat mir vorgeworfen, dass ich eine Freundin hatte, als wir getrennt waren.“

Richter fand mahnende Worte

Zuerst habe es nur Beleidigungen gegeben, dann habe seine Frau zugeschlagen. „Ich wollte nicht zurückschlagen, habe meinen Kopf geschützt und mich auf den Boden gelegt. Sie hat mich getreten.“ Fotos zeigten, dass der Mann Gesichtsverletzungen davontrug. Der Richter blieb skeptisch: Die Fotos bewiesen nicht, wer wann zugeschlagen habe.

Doch erstaunlicherweise passte die Aussage der 45-jährigen Ehefrau ganz gut zu dem, was der Angeklagte gesagt hatte. „Er wollte mich schlagen, aber ich habe mich energisch gewehrt. Ich habe ihn verprügelt - kann sein, ein bischen mehr.“ Mit ihrer Aussage konfrontiert, die sie bei der Polizei gemacht hatte, fiel der Zeugin ein, dass es doch sein könne, dass ein Schlag ihres Mannes sie leicht im Gesicht gestreift habe. Dafür fielen ihr bislang unbekannte Details ein: „Er hat mich auch noch an den Haaren gezogen und dann ist er wie ein Kind lachend um das Sofa im Wohnzimmer herumgerannt.“

Richter, Staatsanwältin und Verteidiger zogen sich zur Beratung zurück. Das Urteil fiel danach recht schnell: Freispruch. Für den Richter ein echtes Deja-vu-Erlebnis. Bereits einmal hatte er den Ehemann wegen einer ähnlichen Begebenheit freigesprochen. „Ich hoffe, ich sehe sie kein drittes Mal“, ermahnte er das Paar. Mit Blick auf vier gemeinsame Kinder appellierte er an den Angeklagten und seine Noch-Ehefrau, die Beziehungsprobleme künftig nicht mehr eskalieren zu lassen. „Und wenn sie es nicht für sich tun, dann wenigstens für ihre vier Kinder.“