Duisburg..

Wenn Christian Brückner liest, dann stehen die Duisburger Schlange. Am Samstagabend konnte die Stadtbibliothek die Besucher kaum fassen. Mit Brückners Lesung „Der Schmetterling ist in die Rose verliebt“ eröffnet der Verein für Literatur und Kunst seine 102. Literatur-Saison. Bibliotheksleiter Jan-Pieter Barbian begrüßt Brückner als „ Platzhirsch“ und spielt damit auf das Festival an, in dessen Rahmen die Lesung auch stattfand.

Brückner hat seine Auswahl mit romantischen Gedichten erstmals bei seinem Rom-Aufenthalt in der Villa Massimo vorgestellt. Italien – das passt zur unstillbaren Sehnsucht der romantischen Epoche, die heute noch aus Worten wie Fernweh und Reiselust spricht. Sein Vortrag beginnt unvermittelt, er sagt kein Wort, das nicht zu einem der Gedichte gehört. Sein Mikrofon überträgt noch den leisesten Atemzug, und seine hohe Konzentration hält auch das Publikum unter großer Anspannung. Bei Wilhelm Müllers „Lindenbaum“ schließen sich viele Augen. Im Dunkeln spricht dann Robert De Niro, den Brückner seit vielen Jahren synchronisiert. Eduard Mörike, Achim von Arnim und Novalis mit seiner 2. Hymne an die Nacht. Ein Vierzeiler von Joseph von Eichendorff bringt Dichtung und Vortragskunst auf den Punkt: „Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort, und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort.“

Publikum bewies "gute Zuhörerqualität"

Bei Ludwig Uhlands „Einkehr“ klingelt ein Handy. Brückner schweigt kurz, dann senkt sich wieder Konzentration über das Publikum. Clemens von Brentanos augenzwinkernde Loreley. Hebbels Nachtlied, Hölderlins Heimat, Novalis Todessehnsucht, schließlich Heinrich Heine, der Spötter und seine Loreley, von der weiter vermutet wird, dass sie Rheinschiffern nicht gut tut. Dann Abgang, langer Applaus, schrittweise Entzauberung.

Barbian ist einmal mehr beeindruckt von den Zuhörerqualitäten des Publikums. Draußen empfängt die Erhitzten ein kühler Hauch wie ein unerwartetes Geschenk.