Duisburg.
Seitdem der Verfassungsgerichtshof 1999 die bis dahin übliche Fünf-Prozent-Sperrklausel bei Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen kassiert hat, gab es immer wieder Vorstöße der großen Parteien im Landtag, mit einer wie auch immer gearteten Regelung „Kleinstparteien“ und „Einzelkämpfer“ aus den Kommunalen Parlamenten zu entfernen. Nun hat die Landes-SPD einen neuen Vorstoß angekündigt. Vorbild sei Berlin, wo eine Drei-Prozent-Klausel in der Landesverfassung verankert ist. Die sozialdemokratische Landespartei könnte sich eine Drei-Prozent-Klausel oder eine 1,5-Prozent-Klausel vorstellen. Was würde das für Duisburg bedeuten?
Fünf „Kleinstparteien“ haben es bei der letzten Kommunalwahl in den Rat geschafft: Die Bürgerlich-Liberalen (BL), die Duisburger Alternative Liste (DAL) das Wahlbündnis „Sozial, Gerecht, Unabhängig“ (SGU), die Freien Wähler“ sowie „Junges Duisburg“.
2522 Stimmen wären 1,5 %
Als tatsächlicher Einzelkämpfer agiert nur Knut Happel (FW-BU). Peter Bettermann (BL) ist bei der SPD untergeschlüpft. Karlheinz Hagenbuck (SGU), Stefan Krebs (JUDU) und Rainer Grün (DAL) haben sich zur „Duisburger Wähler Gemeinschaft“ (DWG) zusammengeschlossen. Legt man die im Gespräch stehende 1,5-Prozent-Klausel und die Wahlbeteiligung in Duisburg von 2009 zugrunde, würde jedes dieser Ratsmitglieder mit seiner bisher erreichten Stimmenzahl nicht mehr im Stadtrat sitzen. Denn - gleiche Wahlbeteiligung wie 2009 vorausgesetzt - bräuchte jeder 2522 Stimmen, um in das Kommunalparlament einzuziehen. Nach Ansicht der Landes-SPD würde eine Sperrklausel die Arbeit in den kommunalen Parlamenten erleichtern. Das sehen die betroffenen Kommunalpolitiker vor Ort naturgemäß ganz anders.
"Den Knall nicht gehört"
Karlheinz Hagenbuck (SGU) platzt angesichts der Pläne ein wenig der Kragen: „Der Jäger hat ja wohl den Knall nicht gehört“ Und meint damit den SPD-Unterbezirksvorsitzenden und NRW-Innenminister Ralf Jäger. Dass Räte jetzt nicht mehr funktionsfähig seien, sei in keiner Gemeinde der Fall. Deshalb meint er: „Da wird nichts draus. Da bleibe ich ganz gelassen.“ Und selbst wenn, Hagenbuck ist überzeugt, dass er mit seiner SGU bei den kommenden Kommunalwahlen eine 1,5-Prozent-Hürde überspringen wird: „Ich gehe davon aus, dass wir das schaffen.“
Peter Bettermann von den Bürgerlich-Liberalen ist von dem SPD-Vorstoß ebenfalls nicht begeistert: „Bereits zu Beginn der Kommunalwahlperiode haben wir als bürgerlich-liberale Wählergemeinschaft und Mitglied der SPD-Fraktion im Rat der Stadt dem Innenminister klar gesagt, dass wir von seinen Bestrebungen, die er damals schon äußerte, nichts halten.“
Mehr Bürgernähe
Nach seinem Dafürhalten ist der Rat bunter geworden und die ehemals großen Fraktionen müssten sich durch Partnersuche zur jeweiligen Mehrheit einem größeren Spektrum öffnen. Bettermann: „Das bedeutet am Ende mehr Bürgernähe. Wie in Duisburg zu sehen ist funktioniert das, ohne dass der Rat handlungsunfähig würde und auch die Sitzungszeiten haben sich nicht wesentlich verändert.“
Für Stephan Krebs sind die Diskussionen lebendiger und vielschichtiger geworden, weil durch die kleineren Fraktionen eben auch Facetten beleuchtet würden, die sonst keine Würdigung erfahren hätten. Und was längere Sitzungszeiten angeht, meint er: „Häufig sind es doch die größeren Parteien, die sich ideologische Wortgefechte im Rat der Stadt liefern, um am nächsten Tag die beste Schlagzeile liefern zu können.“ Alles in Allem steht für ihn fest, dass der Vorstoß allein aus wahltaktischen Gründen erfolgt.
Politischer Wille deutlicher
Als „fadenscheinig“ bezeichnet auch Knut Happel (FW-BU) den SPD-Vorstoß: „Seit dem Wegfall der Sperrklausel bilden die Parlamente die Bevölkerung und deren politischen Willen um einiges deutlicher ab als vorher. Der Stadtrat in Duisburg ist endlich ähnlich bunt und weltoffen wie dies von der ganzen Stadt immer wieder behauptet und gefordert wird.“
Überhaupt gebe es im Rat nur einen wirklichen „Einzelkämpfer“, nämlich ihn: „Mir selbst ist es nicht erlaubt im Rat Anfragen und Anträge zu stellen (anders als noch vor der letzten OB-Wahl). Herr Link ließ mir kürzlich mitteilen, er mache hier von seinem durch die Gemeindeordnung gegebenen Spielraum Gebrauch und werde weder Anträge noch Anfragen von mir auf die Tagesordnung nehmen. Ich darf an dieser Stelle bereits den Gang zum Regierungspräsidenten und gegebenenfalls zum Verwaltungsgericht ankündigen“, schreibt Happel der NRZ.