Der Bürger und das Gesetz legen an Ordnungshüter hohe Maßstäbe an. Selbst in einem dicht besetzten Stadion, in dem sich gewaltbereite Fans gegenüberstehen und Polizisten attackieren, soll ein Beamter den professionellen Überblick behalten und nicht überreagieren. Dass es selbst in einem ruhigen Gerichtssaal schwierig ist, eine solche Situation im Nachhinein zu beurteilen, beweist derzeit ein Prozess vor dem Landgericht. Wegen Körperverletzung im Amt muss sich in zweiter Instanz ein 49-jähriger Polizist aus Duisburg verantworten.

Das Geschehen liegt schon fast vier Jahre zurück: Bei einer Begegnung zwischen dem MSV und Fortuna Düsseldorf im Wedau-Stadion schlug am 31. August 2009 ein damals 14-jähriger Schüler einen Ordnungshüter. Der Angeklagte soll den Jugendlichen daraufhin gepackt, zu Boden gebracht, ihn geschlagen und ihm beim Abführen die hinten gefesselten Arme weit nach oben gedrückt haben.

Nachweis nicht möglich

Das Amtsgericht hatte ihn im März freigesprochen. Ein Nachweis einer Körperverletzung sei nicht möglich, so der Richter damals. Möglicherweise habe der Beamte zwar zugeschlagen, der Junge habe aber nicht über Schmerzen oder Verletzungen geklagt. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts zu entscheiden, ob die Vorgehensweise des Beamten verhältnismäßig gewesen sei.

Die Staatsanwaltschaft zog dagegen in die Berufung. Jede üble, unangemessene Behandlung sei zu bestrafen, heißt es in der Begründung des Rechtsmittels.

Der Angeklagte berichtete, der Schüler habe unvermittelt einen in seiner Nähe stehenden Kollegen die Faust ins Gesicht geschlagen. „Ich sah, wie das Blut spritzte.“ Er habe den Jungen gepackt und zu Boden gebracht. „Ich weiß nicht mehr, ob ich ihn geschlagen habe, weil er die Hände nicht auf den Rücken nahm.“ Das wäre dem 14-Jährigen allerdings auch schwer gefallen: Ein anderer Polizist stand auf dem rechten Arm, wie Video-Aufnahmen der Polizei, die die Verfahrensbeteiligten immer wieder ansahen, deutlich machten.

Obwohl Verteidiger und Staatsanwältin die gleichen Aufnahmen sahen, interpretierten sie sie auf höchst unterschiedliche Weise. Der Verteidiger vermochte keinen triftigen Beweis dafür zu erkennen, dass sein Mandant überreagiert habe. Die Anklagevertreterin will dagegen insgesamt vier Schläge des Polizisten gegen den am Boden liegenden Schüler gesehen haben.

Die wichtigsten Zeugen - der damalige Schüler und dessen Vater - blieben der Verhandlung unentschuldigt fern. Aus diesem Grund muss der Prozess am 8. August fortgesetzt werden.