Duisburg.

Biggi kennt sie alle. Die, die durchradeln am Wochenende für ein paar Stündchen am Wasser. Die, die immer hier waren. Die über die Hubbrücke müssen für ihr Tagwerk auf der anderen Seite des Hafen. Und die Zurückgelassenen, deren Einsamkeit oft nur durch ein Pläuschchen an der Bude überbrückt wird. Die Reisenden und die Dörfler, die Jungen und Alten: gehen vor Anker an Biggis Büdchen in Walsum.

Opa Karl*

„Der Opa Karl, der kam ein paar Mal in der Woche. Immer hat er einen Jägermeister bestellt. Er machte sich nichts aus Alkohol. Aber er wollte auch nicht einfach kommen, und mich von der Arbeit abhalten. Ein kleines Fläschchen Jägermeister und eine Dreiviertelstunde Quatschen. Als Opa Karl gestorben ist, haben sie all die Fläschchen Jägermeister ungeöffnet bei ihm im Keller gefunden. Der Opa Karl hat die nur wegen mir gekauft.“

Der Rainer*

„Der Rainer kam schon als Kind immer zu mir. Wenn er sich das Knie aufgeschlagen hatte, hat er sich bei mir ein Pflaster geholt. Später dann hat er mir von seinem ersten Liebeskummer erzählt. Er hat so geweint und gedacht, dass er nie mehr ein Mädchen finden wird, das er lieben könnte. Jetzt hat er Familie und ein Kind. Die haben hier im Dorf gebaut wie die Eltern. Jetzt kommt Rainer mit seinem Kind an die Bude.“

Die Schäferin

„Die Schäferin macht bei mir immer ihre Mittagspause. Sie ist viel mit der Deichpflege beschäftigt, und natürlich mit ihren Schafen. Die ist immer draußen unterwegs. Und bei mir legt sie dann Pause ein. Wir trinken was. Wir unterhalten uns: Das ist Leben für mich. Die Geschichten all’ dieser Leute. Das ist, warum ich die Bude mache.“

Der Idiot

„Einmal ist hier einer vorgefahren mit dem Rad. Ans Fenster geschossen, den Helm so schräg auf dem Kopf, und hat durchs Fenster geschrien: ,Wer Zigaretten verkauft, ist ein Mörder!’ – Da hab ich zurückgerufen: ,Und wer nichts isst, verhungert’. Solche gibt’s auch, so Idioten. Man muss die Menschen nehmen, wie sie sind. manchmal muss man ein freundliches Gesicht machen, auch wenn einem zum Heulen zumute ist.“

Der Lieferant

„Der kommt so einmal in der Woche. Man muss gut sortiert sein in so einer Bude. Ein ordentliches Sortiment an Süßwaren für die gemischten Tüten; und kalte Getränke. Das ist das A und O. Vor sieben Jahren konnte man davon ordentlich leben. Inzwischen machen uns die Ladenöffnungszeiten und die Tankstellen zu schaffen. Am Ende des Monats bleibt nicht viel übrig. Aber ich brauche auch nicht viel.“

Carla*

„Meine Enkelin Carla ist mit der Bude aufgewachsen. Jetzt ist sie vier und geht in den Kindergarten, und auf dem Heimweg kommt sie mit meiner Tochter immer noch mal rum, dann setzt sie sich hier auf die Theke vor dem Fenster und erzählt, was sie gespielt hat. Manchmal gibt es ein Eis. Oder eine gemischte Tüte mit Bananen und bunten Ballaballas. Und zum Schluss gibt es immer ein Küsschen.“ *Namen geändert