Die Lage in der westdeutschen „Rocker-Hauptstadt“ Duisburg wird immer unübersichtlicher. Die Hells Angels haben ihre offizielle Duisburger Clubfiliale im Mai erst wieder belebt, und jetzt ist auch noch der größte deutsche Motorradclub in Duisburg durch ein „Chapter“ vertreten: der schwarz-weiße Gremium MC. Das Landeskriminalamt zählt die Biker wie Hells Angels, Bandidos und Satudarah zu den „Outlaw Motorcycle Gangs“ – also zu den gewaltbereiten Gruppen, die sich selbst als „Onepercenter“ bezeichnen. Die Duisburg-Filiale der Vereinigung hatte bislang lediglich Anwärter-Status. Nun aber wird die Gruppe auf der Internetseite des Motorradclubs als vollwertiges Chapter vorgestellt und plant eine Party zur Einweihung ihres Clubhauses in Meiderich am 22. Juni.
Verfeindete Haltung
Auch wenn die Duisburger Gremium-Rocker bislang nicht durch Straftaten im „Rockerkrieg“ aufgefallen sind, bedeutet ihr Vorstoß „auf jeden Fall mehr Arbeit“ für die Polizei, sagt Polizeisprecher Ramon van der Maat: „Wir müssen die im Blick haben.“
Zumal der Gremium MC mit Bandidos und Satudarah eines gemeinsam hat: die Ablehnung der Hells Angels. Sie stehen den Rot-Weißen je nach Region und persönlichen Beziehungen kritisch bis feindlich gegenüber. Obendrein hat das von jungen Türken und Migranten gegründete, ortsunabhängige Gremium-Chapter „Nomads Bosporus Türkiye“ diese Woche auf Facebook ein Foto von seinen Mitgliedern in Kutte veröffentlicht, das gegen eine neutrale Haltung der Neuankömmlinge spricht: Drei Gremium-Rocker posieren darauf im Duisburger Satudarah-Clubhaus vor dem Slogan „Welcome to the black and yellow nation“.
Als im März 2013 die Moerser „Freeway Riders“ geschlossen zu den Gremium-Rockern wechselten, wertete LKA-Ermittler Thomas Jungbluth das noch nicht als strategischen Zug im Rockerkrieg. Und dass die Rocker, die auf ihrer Kutte die durch eine Wolke stoßende Faust tragen, in Süd- und Ostdeutschland mehrfach mit Hells Angels aneinandergerieten, war für den Szenekenner nicht automatisch Zündstoff für die raue Szene an Rhein und Ruhr. In NRW ist Gremium bislang auch nicht durch Gewalttaten aufgefallen. Dabei ist der Club hier durch etwa 200 Mitglieder und nunmehr elf Chapter vertreten, etwa in Köln, Krefeld, Viersen und Mönchengladbach.
Rotlichtviertel als Anziehungspunkt
In Duisburg, so schätzt Polizeisprecher van der Maat, sind zurzeit etwa 200 Rocker der verschiedensten Motorrad- und Unterstützerclubs aktiv. Wobei auch Bandidos und Hells Angels aus dem Umland regelmäßig die hiesigen Treffpunkte und das Rotlichtviertel ansteuern, das die Polizei als einen Grund für Duisburgs Anziehungskraft auf die Rocker betrachtet. Als Türsteher und Sicherheitsleute sind im Duisburger Milieu zudem einzelne Mitglieder der „United Tribuns“ aktiv. Die Vereinigung aus Kampfsportlern und Türstehern – die Polizei spricht von einer „rockerähnlichen Gruppe“ – wurde 2004 in Süddeutschland gegründet. In Duisburg seien die Tribuns jedoch bislang „nicht auffällig geworden“, so van der Maat.
Die Strategie der Polizeibehörden
Seine Kollegen werden Mitglieder und Gäste aus dem Gremium-Umfeld dagegen möglicherweise am Samstag, 22. Juni, in Augenschein nehmen: Dann will Gremium an der Obermeidericher Straße 181 sein Clubhaus eröffnen.
Es gehört zur Strategie der NRW-Polizeibehörden, die Szene durch Razzien und Kontrollen unter Druck zu setzen. Auch Besucher der Gremium-Party in Moers kontrollierte die Polizei im März mit einem Großaufgebot. Hinter dem Einsatz in Obermeiderich steht trotzdem ein Fragezeichen: Der Vermieter der Duisburger Gremium-Rocker soll diesen bereits wieder gekündigt haben. Der „Road Captain“ der Truppe wollte auf Anfrage keine Auskunft geben.