Die Länge seiner Arme hat für die Karriere von Giordano Bellincampi, Generalmusikdirektor der Duisburger Philharmoniker, eine gewisse Bedeutung gehabt. Das verriet er beim „Talk am See“. Der „Lions Club Duisburg-Rhenania“ hatte ins „Seehaus“ geladen und Bellincampi plauderte entspannt über die Freude am Dirigieren und erzählte, warum eine Posaune in seinem Schlafzimmer steht. Die Rolle des Interviewers hatte Jörg Lengersdorf für den erkrankten Musikjournalisten Dr. Wolfram Goertz übernommen. Der studierte Geiger und WDR3-Redakteur schuf eine lockere und konzentrierte Gesprächssituation.

Mit elf Jahren zog Bellincampi mit seinen Eltern nach Kopenhagen. Dort musste er sich an anderes Essen, andere Temperaturen und an eine andere Sprache gewöhnen. „Aber inzwischen bin ich komplett zweisprachig!“ Musik prägte schon seine Jugend. Seine Eltern vermittelten ihm die Liebe zur Oper und er begann, Musikunterricht zu nehmen. „Eigentlich wollte ich Trompete spielen. Aber in der Musikschule gab es zu viele Trompeter. Weil ich damals schon ziemlich lange Arme hatte, sollte ich Posaune spielen.“

Diesem Instrument blieb Bellincampi bis zu Engagements in mehreren Sinfonie-Orchestern treu. Mit 30, als Vater von drei Kindern, begann er zu dirigieren. „Ich wollte mich als Dirigent ausprobieren. Partituren lesen konnte ich schon als Kind.“ Dennoch kämpfte er zunächst mit existenziellen Fragen. Er musste seine sichere Stelle als Posaunist aufgeben und sich der Unsicherheit stellen, ob er vor dem Orchester bestehen könne. Gegen solche Selbstzweifel hat er noch heute seine Posaune im Schlafzimmer stehen. „Obwohl ich nicht mehr spiele.“

Als er das erste Mal vor einem Orchester stand, habe er die Schwingungen der Musik gespürt und gewusst: „Das will ich immer wieder haben!“ Nervös sei er bei einem Konzert nicht mehr, eher bei der ersten Probe mit einem neuen Orchester. Da könne sich die Qualität der Zusammenarbeit in den ersten Minuten entscheiden. Bellincampi erläuterte, warum er ohne Taktstock dirigiere. „Das liegt auch wieder an meinen viel zu langen Armen. Ein idealer Dirigent ist etwa so groß“, sagte er und deutete ein Größe an, die wohl anderthalb Köpfe unter seiner liegt.

Bellincampi wirkte im ganzen Gespräch angenehm selbstreflektiert. „Ich kann mich nur besser machen, indem ich überlege, was ich tun kann, damit sie morgen besser singt“, erläuterte am Beispiel einer Probe mit einer Sängerin.