„Wo ist Ennatz?“ Joshi, dem das MSV-Trikot bis zu den Füßen reicht, weint vor der Arena. Sein Vater, Frank Behrendt aus Köln, versucht den Fünfjährigen zu beruhigen – vergeblich. Weder Maskottchen noch Namensgeber Bernard Dietz sind zu sehen. Was Joshi nicht weiß: Maskottchen und MSV-Legende Dietz stehen einige Straßen weiter. Sie haben mit ihm und weiteren 3500 Fans das „Band der Solidarität“, eine Menschenkette zwischen Rathaus und Arena, geschlossen.

Koordinator Hans-Jürgen Schneider atmet durch: „Ich habe mich sehr gefreut, als die Polizei um 11.57 Uhr meldete, dass wir auf der kompletten Strecke über sechs Kilometer keine Unterbrechung in der Kette haben.“ Eigentlich wären noch ein paar Leute mehr nötig gewesen, doch stattdessen verknoteten Fans einfach ihre Schals, zogen das weiß-blaue Band durch die Stadt in die Länge. „Sie haben große Kreativität bewiesen“, so Schneider. „Es war ein ganz wichtiges Zeichen, dass die Region und die Stadt in diesen Tagen hinter dem Verein stehen.“

Auch OB Sören Link reihte sich ein, an der Düsseldorfer Straße, neben Dietz und MSV-Boss Udo Kirmse. Sportdirektor Ivica Grlic und Torhüter Felix Wiedwald postierten sich vor der Arena. „Eine eindrucksvolle Aktion“, sagt Wiedwald. „Wir sehen, wie die Leute in Duisburg zusammenhalten, welch großartige Fans der MSV hat.“ Die Chancen vor dem Schiedsgericht? „Ich habe keinen Einblick in das Verfahren, aber die Hoffnung auf die zweite Liga nicht aufgegeben.“

Die Fans stemmen sich gegen den drohenden Absturz, gestern Abend standen sie wieder vor dem Stadion, am Vormittag dominierten auch beim Rhein-Ruhr-Marathon die Farben Weiß-Blau, viele liefen mit Trikot und Fahne oder standen am Streckenrand, Fangesänge hallten durch die Arena. Das Fan-Bündnis kündigt weitere Aktionen an, will nicht locker lassen, die ganze Woche über heißt es vor der Arena „Streifen zeigen“: Morgen liest dort Autor Michael Wildberg („So Lonely“, „All Together“), dann sind zwei MSV-Legenden zu Gast: am Mittwoch diskutiert Ferry Schmidt (201 Spiele) mit Fans, am Donnerstag kommt Michael Tönnies (179 Spiele, 101 Tore) zur Mahnwache.

Egal was passiert, auch Frank Behrendt kommt weiterhin mit Sohn Joshi und Tochter Holly zum MSV, beide waren Einlaufkinder beim letzten Saisonspiel: „Es ist auch für die Kinder kaum zu begreifen, was gerade beim MSV passiert.“