Während hier und da noch Böden gewischt oder Regale eingeräumt werden, begutachtet die künftige Museums-Kundschaft lautstark und mit vollem Körpereinsatz die Exponate des neuen Duisburger Kindermuseums „Explorado“. Abschließendes Urteil: „viel besser als Schule“. Womit das Museum seinem Motto „So schlau macht Spaß“ offenbar gerecht wird.

Auf 3000 Quadratmetern Ausstellungsfläche sollen Kinder nämlich nicht nur unterhalten werden – sie sollen vor allem etwas lernen. Allerdings nicht durch klassische Museumsführungen: „Wenn wir etwas erklären müssen, ist das schon falsch“, sagt Andreas Waschk, Geschäftsführer der Kölner AWC AG, die das Museumskonzept entwickelt hat. „Die Kinder sollen hier selbst Sachen herausfinden – mit Herz, Hand und Verstand.“

Wie das funktioniert, lässt sich inmitten der tobenden und tüftelnden Test-Besucher gut beobachten.

Den eigenen Körper testen

In einem Museumsbereich namens „KörperCode“ klettern, hüpfen und balancieren 20 Kinder aus dem nahe gelegenen Kindergarten Hansegracht. Auf blumenförmigen Trampolins springen vier Kinder um die Wette, daneben erklettert Kim geschickt eine schräg stehende Wand, die sie anschließend wieder hinunter rutscht. Auf dem Balancierseil braucht die fünfjährige Amina noch etwas Unterstützung von Mitarbeiterin Toni, doch die Geschicklichkeitsübung macht ihr sichtlich Spaß. Am Ende wird abgeklatscht. „High Five“, ruft Toni und Amina strahlt. „Eigentlich könnten die noch zwei, drei Stunden so weitermachen“, sagt Erzieherin Sarah Vogel mit Blick auf die ausgelassen quietschenden Museumstester.

Eine Etage höher wird weniger getobt, aber mehr getüftelt. Zweitklässler der Gemeinschaftsgrundschule Lauenburger Allee haben die Mitmachbaustelle in Beschlag genommen. Gemeinsam bauen sie aus ziegelähnlichen Holzklötzen ihr „Clubhaus“. Natürlich tragen sie dabei Helme, wie sich das auf einer ordentlichen Baustelle gehört. Nebenan deckt Leni ein Dach. Konzentriert ordnet die Siebenjährige Plastikschindeln übereinander an, eine Seite hat sie schon geschafft. In der Schule hätte sie heute eigentlich sechs Stunden gehabt und auch noch einen Mathetest geschrieben.

Die beliebteste Attraktion auf dieser Etage ist nach einhelliger Meinung eine kleine Straße samt Verkehrsschildern und Ampel. In verschiedenen Fahrzeugen sollen die Kinder spielend Verkehrsregeln lernen. Stau an der Ampel inklusive. „Ich muss noch eben einparken“, antwortet Finn, als seine Lehrerin nach ihm ruft.

Kettenreaktion in der Kinderuni

Bauarbeiten und Fahrtraining werden erst unterbrochen, als eine Durchsage die „große Kettenreaktion“ in der Kinderuni ankündigt. Dort hat Mahmoud Mosmari, der im Museum für pädagogische Inhalte zuständig ist, eine komplizierte Konstruktion aufgebaut. „Wir machen jetzt einen Test“, kündigt er an. „Einen Mathetest?“ fragt kichernd eine Schülerin und wird von den anderen sogleich belehrt: „Wir sind doch hier nicht in der Schule!“.

Lillian darf die Kettenreaktion in Gang setzen: Sie schüttet Wasser in eine Rinne, die sich langsam absenkt, so dass eine Kugel hinunterrollt, erst durch ein Glockenspiel, dann gegen einen orangefarbenen Stein, der eine ganze Reihe von Steinen zum Einsturz bringt und schließlich einen Wagen mit einem Teddy als Passagier in Bewegung setzt. Dieser wiederum stößt mehrere Pendel an. Ein Ball rollt los, Sand läuft durch einen Trichter, andere Kugeln setzen sich in Bewegung. Am Ende geht alles ganz schnell: Ein Holzhammer zerschlägt einen mit Luft gefüllten Ballon – es knallt. Die aufgeregt umherlaufenden Kinder sind begeistert. Mahmoud Mosmari baut stoisch alles wieder auf: „Das dauert nur sieben Minuten“, sagt er. Im Gegensatz zur Entwicklung der Konstruktion, die Jahre gedauert habe. Auch die Klassenlehrerin Edeltraut Walder ist zufrieden: Auf der nächsten Seite im Sprachbuch sei eine ähnliche Kettenreaktion abgebildet. „Die Kinder müssen das dann mit sprachlichen Mitteln beschreiben – sie werden mir nicht glauben, dass das Zufall ist“, sagt sie noch, bevor sie geht. Dann ist das Museum auf einmal wieder kinderleer. Jetzt müssen die Erwachsenen noch einmal ran, damit bis Samstag nicht nur alle Böden glänzen, sondern auch die letzten noch unfertigen Ausstellungsstücke für die kommenden Besucher bereit sind.