Im Kampf gegen Raser hat die Polizei aufgerüstet: „Eso-ES 3.0“ heißt das neueste Messgerät, dass Polizeipräsidentin Elke Bartels gestern beim Blitzmarathon erstmals vorgestellt hat. Die Anlage kostet 95.000 Euro, inklusive des Fahrzeugs, in dem die ganze Computertechnik untergebracht ist. Erstmals lässt sich damit auch in Kurven und über mehrere Fahrsteifen hinweg messen. Fotografiert werden Fahrzeuge von vorne und hinten, und das in beide Fahrtrichtungen. Die Anlage arbeitet deshalb äußerst effektiv: Einmal aufgestellt, misst sie den gesamten Verkehr auf einer Strecke.

Nicht zuletzt verspricht sich die Polizei damit endlich auch Motorradfahrer bei Tempoverstößen belangen zu können, die ihnen mit der bisherigen Radartechnik häufig durch die Lappen gegangen sind. Denn werden sie von vorne geblitzt, ist das Kennzeichen nicht dokumentiert. „Bisher mussten wir meist hinter ihnen her fahren“, sagt Polizeipräsidentin Bartels.

Funktionsweise ist Geheimsache

Allerdings: Seitdem es die neue Blitztechnik gibt, ist sie umstritten. Wer sich im Internet auf die Suche nach „Eso 3.0“ macht, findet eine Flut von Gerichtsurteilen und noch mehr Anwälte für Verkehrsrecht, die sich auf Einsprüche und Klagen spezialisiert haben. Sie reklamieren für ihre Mandaten Schattenwürfe, die falsche Daten liefern könnten oder die im Detail unklare Funktionsweise, weil der Hersteller sie geheim halten will.

In einem Fall wurde ein Fahrverbot fallen gelassen, weil ein Polizeibeamter vor Gericht nicht genau erklären konnte, wie die Anlage zu den Ergebnissen kommt. Nach Angaben von Anwälten wurden in der Vergangenheit etliche Raser freigesprochen, weil verschiedene Gerichte Messfehler und mangelnde Transparenz bestätigt hatten.

Polizei: Falsche Werte nicht möglich

Uwe Schmal, Experte für die neue Technik im Duisburger Präsidium, sieht das gelassen. Er sitzt in dem silberfarbigen Sprinter, der im Schatten am Rand der Uhlenhorststraße parkt. Während hinter ihm die Autos vorbeirauschen, kramt er ein Urteil des Amtsgerichts Siegen von Ende 2012 aus seiner Aktentasche. Mangelnde Kenntnisse der genauen Funktionsweise des Geräts Eso 3.0 würden keine rechtliche Unverwertbarkeit des Messergebnisses begründen, heißt es darin. Sprich: Wie die Kiste genau funktioniert, spielt vor Gericht offenbar keine Rolle mehr. „Selbst, wenn der Messbeamte völlig unwissend ist, kann er dabei nichts falsch machen“, sagt Uwe Schmal. Wird die Anlage nicht exakt justiert, werden höchstens nicht alle vorbeifahrenden Fahrzeuge gemessen: „Man kann damit aber keinen falschen Wert herauskriegen.“

Der Aufbau ist allerdings deutlich aufwendiger als bei anderen Geräten: Mindestens 20 Minuten brauchen die Beamten bis die Technik steht. Eine Fotolinie muss fürs Protokoll ebenso austariert sein wie der Neigungswinkel des Geräts, die Fahrbahnbreite zudem mit dem Messrad festgehalten werden. „Das müssen sie erst einmal schaffen, wenn viel Verkehr ist“, sagt Schmal.

Für Autofahrer kaum zu erkennen

Außer dem silbernen Sprinter mit gewöhnlichem Duisburger Kennzeichen können Autofahrer die neue Anlage meist erst erkennen, wenn es zu spät ist. Die Lichtschranke steht einige Meter von der Fahrbahn entfernt, die Fotokameras sind in Bodenhöhe und im Fahrzeug untergebracht.

In der ersten halben Stunde, in der das Gerät gestern am Uhlenhorst stand, waren von 350 Autos gerade einmal vier zu schnell. Dass einer der seit Jahresbeginn von Uwe Schmal geblitzten Autofahrer rechtlich erfolgreich gegen die Strafe vorgehen kann, glaubt er nicht. „Jedenfalls hatte ich bisher noch keinen Termin vor Gericht.“