Darf man als hungriger Kunde von einem Matjesfest, das der städtische Veranstalter „Frischekontor“ in seinem Marketing als eines der „etabliertesten und größten Veranstaltungen dieser Art in Deutschland“ bezeichnet, erwarten, dass man dort auch tatsächlich den feinen, frischen Matjes aus diesem Jahr 2013 und nicht etwa tiefgefrorenen Vorjahres-Hering aus dem großräumigen Plastikcontainer erhält?

Der Neue aus Holland?

Worauf jeder Besucher spontan mit einem knurrendem Magen und einem eindeutigen „Ja“ antworten würde, hat Peter Joppa, der Geschäftsführer des Matjesfest-Veranstalters „Frischekontor“, einen leicht entnervten Stoßseufzer und ein um Verständnis bittendes „Nein“ zur Verfügung.

Denn am Fronleichnamstag, jenem Tag, an dem in Duisburg traditionell das Matjesfest startet, gibt es noch keinen neuen Matjes aus Holland. Da schwimmen die Heringe noch quicklebendig in der Nordsee herum – auf der emsigen Suche nach ihrem letzten, Fett bringenden Futter - dem Plankton. In Holland wird offiziell der frische Matjes immer mit einer großen Fete am 2. Samstag im Juni gefeiert – dem so genannten „Vlaggetjesdag“. An diesem Tag bekommt die Königin - pardon, ab jetzt der König - ein Fässchen mit Matjes. Joppa: „Alles jubelt diesem Fässchen zu! Na ja!“ Aber ist dort frischer Matjes drin? Denn, ist das Frühjahr kalt und die Nordsee rau und eiseskalt, wird der Hering erst viel später satt und fett.

Wir haben es also hier mit einem Marketing-Problem zu tun! Joppa, die Holländer und alle Matjes-Fest-Veranstalter stecken mit ihren Matjes-Behauptungen in einer selbst aufgestellten Marketing-Falle: Den Matjes, von dem sie alle reden, den kann es noch gar nicht geben. Statt dessen gibt es feinen, durch Tiefkühlung wohl konservierten Vorjahresfisch auf das frische Brötchen. Joppa: „Selbst der neue Matjes muss immer erst tiefgefroren werden, bevor er gegessen werden darf - der Lebensmittelhygiene wegen.“ Somit gebe es quasi keinen erkennbaren Geschmacks-Unterschied zwischen neuem und altem Matjes. Und die Duisburger lieben ihr Matjes-Fest. Mehr als 80.000 Besucher kommen da stets zusammen.

Einfach mal im Web googlen

Einem Bürger, der sich vom Frischekontor etwas übertölpelt fühlte, hat Joppa deshalb freundlich geschrieben: „Sie sehen, es ist zwar leicht, einen Zeitpunkt für ein Fest zu bestimmen, aber nicht leicht, zu wissen, wann der neue Matjes in der richtigen Qualität verfügbar ist. Für mehr Infos empfehle ich die Eingabe des Suchbegriffs „Matjes“ auf der Wikipedia-Plattform.“

Auch wir sind diesem Rat gefolgt. Wir haben die Suchbegriffe „matjesfest 2013 duisburg“ nicht bei Wikipedia, sondern allgemein im Internet gegoogelt. Und sind auf Platz 3 der Ergebnisliste auf eine Seite des Duisburger Frischekontors gestoßen, auf der diese das Matjesfest 2013 bewirbt. Auf dieser Seite macht sie genau das, was sie in dem Brief an den misstrauisch gewordenen Markt-Besucher indes abstreitet: Für „neuen Matjes“ aus Holland werben. Während man also im Netz nachlesen kann „ . . . neben dem neuen holländischen Matjes, der auf dem Duisburger Matjesmarkt immer in besonderer Qualität angeboten wird...“, besteht der Frischekontor-Geschäftsführer in seinem Schreiben darauf: „Wir haben in keinem veröffentlichten Text, den wir zu verantworten haben, angekündigt, dass vom 30.5. – 1.6. auf unserem Matjesfest der neue holländische Matjes angeboten wird.“ Die Lehre aus diesem Streit um des Fisches Frische: Auch im Marketing niemals schummeln, denn das Internet vergisst nie etwas.