Duisburg. Immer mehr Patienten lassen sich Zahimplantate in den Kiefer setzen. Das WAZ-Medizinforum ging der Frage nach, wann ein Implantat sinnvoll ist, welche Vorzüge, aber auch welche Nachteile es hat.
Ein Besuch beim Zahnarzt ist gewiss nicht angenehm, wenn er Bohrer und Chirurgenbesteck auspackt. Als Dr. Helmut Sieber, Chefarzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Malteser St. Johannes-Stift in Homberg, seinen Fachvortrag mit dem Thema „Mehr Lebensqualität durch Zahnimplantate?“ hielt, kamen jedoch rund 120 Zuhörer ganz freiwillig zum WAZ-Medizinforum.
„Der Nutzen von Zahnimplantaten wird oft aufgebauscht und reißerisch als das Alleinseligmachende verkauft“, sagte Sieber und machte sogleich deutlich, dass man dies differenzierter betrachten müsse. Nicht zuletzt, weil Implantate für Patienten mit erheblichen Kosten verbunden sind, denn sie werden nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Letztlich müsse man aber jeden Fall individuell betrachten, und herkömmliche Lösungen wie herausnehmbare Brücken könnten für manche durchaus sinnvolle Alternativen sein.
„Eigener Zahn ist Goldes wert“
Die Gründe für ausfallende Zähne sind laut dem erfahrenen Mediziner hingegen überschaubar: Karies, die das Zahnfleisch angreifende Paradontitis oder Unfälle (etwa beim Sport). Zudem käme es vor, dass Zähne von Geburt an fehlen. „Wenn man die Zähne gut pflegt, muss man – bis auf wenige Ausnahmen – nie über Implantate nachdenken.“ Ist es dann aber doch notwendig, können Implantate mit Aufbau und Krone einzelne Zähne ersetzen oder eine Prothese verankern. Vorsicht sei jedoch geboten, wenn es ums Zähneziehen gehe. „Eigener Zahn ist Goldes wert, da darf man sich schon mal wehren, wenn ein Arzt ihn rausholen möchte.“
Überstürzen solle man bei Zahnimplantaten ohnehin nichts, denn sie einzusetzen ist eine langwierige Angelegenheit, die auch bei Erfolg sehr viel Disziplin vom Patienten abverlangt. „Sie müssen Implantate besser pflegen, als sie jemals ihre eigenen Zähne gepflegt haben“ und alle drei Monate zur Nachsorgeuntersuchung kommen, rät Sieber. Bis nach der Operation der Zahnersatz einsatzbereit ist, vergehen mindestens drei Monate. Falls zu wenig Knochen, der sich stetig altersbedingt abbaut, vorhanden ist, um das Implantat zu halten, müsse neuer aufgebaut werden. Entweder Eigenknochen vom Schädel, Kiefer, Becken oder Unterschenkel. Alternativ tierisches oder synthetisches Ersatzmaterial. War jedoch alles erfolgreich, hält der Zahnersatz dank spezieller Titanschrauben meist mehrere Jahrzehnte.
Ein Implantat habe für die Patienten mehrfachen Nutzen: Man kann damit zum Beispiel problemlos sprechen und kauen, es fühlt sich nicht wie ein Fremdkörper an, erhält, anders als eine herausnehmbare Prothese, den Kieferknochen und greift keine benachbarten Zähne an, wie es eine Brücke tut. Doch nicht für jeden Patienten ist es die geeignete Lösung.