Duisburg. .

Die Männer blicken ernst bis verwegen, die Frauen bezaubernd bis dramatisch in die Kamera. Frisuren, Posen, Licht – alles an diesen Schwarz-Weiß-Fotografien bannt die 30er Jahre wie sie die Ufa in ihren Filmstudios in Berlin-Babelsberg inszenierte. Henri Maertin hat das dunkelgraue Album von seinem Vater Franz Nayer geerbt, der ab Mitte der 20er Jahre bei der Filmgesellschaft als Dolmetscher für Französisch gearbeitet hat. Er bat Schauspieler und Regisseure um Fotos, viel davon sind mit Autogrammen und persönlichen Widmungen versehen. Henri Maertin, der 1950 nach Duisburg kam und bei Eisenwaren Senft am Sonnenwall eine Anstellung fand, hütet diesen Schatz seit dem Tod des Vaters 1957.

„Ich bin froh, dass das Album gerettet wurde“, sagt der 84-Jährige, der nicht nur firm in alter Filmgeschichte ist. Außerdem sammelt der sportliche Senior, der noch bis vor vier Jahren 40 Mal das Goldene Sportabzeichen in Folge gemacht hat, Sportbücher von den Olympischen Spielen von 1924 bis heute, dazu Bücher, aus denen Filme wurden oder Schauspieler-Biografien. Maertin hat seine Kindheit in Berlin verbracht und erinnert sich nicht bewusst an die Begegnung mit Ufa-Stars. Genau aber weiß er noch, wie die Kulissen ausgesehen haben. „Ich war fasziniert trotz der Papp-Kakteen.“ Sein Bruder Gerhard war mal Statist beim Film „Hafenkonzert“ mit Jan Kiepura und Martha Eggerth. „Zur Belohnung gab’s Kartoffelsalat mit Würstchen.“

Woran sich Henri Maertin sehr gut erinnert, sind die Filmabende, die zu Hause mit Filmrollen, dreibeinigem Projektor und Bettlaken veranstaltet wurden. Und eine Beerdigung, zu der ihn seine Mutter mitnahm: Die Schauspielerin Renate Müller nahm sich 1936 das Leben, und hinter ihrem Sarg ging auch das damalige Film-Traumpaar Lilian Harvey und Willy Fritsch.

Die finden sich in seinem Album genauso wie Camilla Horn und Olga Tschechowa, Hans Albers, der „freundlichst“ unterschrieb, oder Hans Brausewetter („Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern“). Es gibt ein Foto von Regisseur Gustav Fröhlich, der Propagandaminister Joseph Goebbels mal ohrfeigte, weil der sich an die geliebte Kollegin Lida Baarova heran machen wollte; Fröhlich drehte mit Hildegard Knef „Die Sünderin“.

Jung und schön sind Marika Rökk oder Johannes Heesters auf den Fotos. Zur Sammlung gehören aber auch Aufnahmen von Dreharbeiten etwa von „Der letzte Mann“ mit Emil Jannings oder von Cutterinnen bei der Arbeit.

Lil Dagover, Greta Garbo, Gustaf Gründgens, Marianne Hoppe, Magda Schneider... Manche Namen klingen wohl nur noch in den Ohren älterer Filmfreunde, andere sind noch heute bekannt. Wie der von Heinz Rühmann, der die Hauptrolle in Henri Maertins Lieblingsfilm gespielt hat: „Die Feuerzangebowle.“

„Natürlich bin ich Filmfan geblieben“, sagt der 84-Jährige, der heute allerdings nicht mehr oft ins Kino geht. Auf der Bühne des Duisburger Theaters hat er aber schon den einen oder anderen Schauspieler aus dem Album in Aktion gesehen.