Als Leiche wird sich ein Mitarbeiter auf den Boden werfen, die Rolle der Miss Marple selbst aber hat eine Bewohnerin übernommen: Mit 97 Jahren avanciert Johanna Schmidt zum Model, ahmt spitzbübisch die Detektivin der Agatha-Christie-Verfilmungen auf Kinoplakaten der 60er Jahre nach.

Vor der Plakat-Serie „Oldies but Goldies“ stand die Idee, im Ernst-Ermert-Seniorenheim einen Kinosaal einzurichten, der Bewohner und ältere Menschen aus der Nachbarschaft zusammenbringt und unterhält. Bis zur Einweihung wird es noch ein halbes Jahr dauern, gesucht werden auch Ehrenamtliche, die das Kino mit betreiben helfen. Immerhin: Die Dekoration in Form der Kinoplakate ist fast komplett. Zehn von elf Motiven sind im Kasten, der fiktive finale Mord folgt am Freitag.

Das Casting für die Models machten Petra kleine Kruse und Andrea Hemmers, die einen guten Blick für geeignete Charakterköpfe zeigten und wenig Überzeugungsarbeit leisten mussten. Denn Filme wie „Frühstück bei Tiffanys“, „Casablanca“ oder „Der Rote Baron“ kannten - bis auf die 27 Jahre junge Casterin - alle.

Bei schmalem Budget war die Kostümierung das schwierigste, erzählt Bettina Vootz, die Geschäftsbereichsleiterin der Awo-Seniorenzentren. Improvisation war daher Trumpf: Für das „Frühstück bei Tiffanys“-Motiv wurde der Sekt erst im Nachhinein am Computer zum Champagner, das funkelnde Diadem im Haar war eine zurechtgebastelte Halskette. Und die weiße Fliege für den Heinz-Rühmann-Imitator wurde flugs aus Gardinenstoff genäht. Johanna Schmidt bereitete ihr Rollenspiel großes Vergnügen. Gern erinnert sie sich daran, wie sie früher, Erdnüsse knabbernd, im Kino saß. „Willy Millowitsch“ sagt sie, wenn man sie nach ihrem Lieblings-Schauspieler fragt. Als Heidi Kabel an der Seite von Millowitsch würde Johanna Schmidt sicher auch durchgehen. Die alten Herrschaften hatten großen Spaß, nahmen die Sache aber auch sehr ernst, erzählt Vootz. „Der Rote Baron“, der am Mülheimer Flughafen fotografiert wurde, musste warten, weil der Hauptdarstellerin der richtige Lippenstift verschütt gegangen war.

Im Potpourri der Filmplakate fehlt Marilyn Monroe als Motiv. „Sie war immer zu freizügig, das passte nicht“, erklärt Vootz. Denn ihre teils hochbetagten Models wollte sie keinesfalls vorführen. Ihr eigener Traum, mal als Scarlet O’Hara wie in „Vom Winde verweht“ Rhett Butler anzuschmachten, scheitert an geeigneter Robe.