Die Anklage, mit der sich das Landgericht am König-Heinrich-Platz gestern in zweiter Instanz befassen musste, lautete auf sexuelle Nötigung und Körperverletzung. Angeblich hatte sich der 33-jährige Pizza-Bäcker aus Homberg am 1. Juli 2011 in einer Neudorfer Pizzeria der Frau seines Chefs unsittlich genähert. Doch von diesem Vorwurf blieb am Ende der Berufungsverhandlung so gut wie nichts übrig.

Weil er die Frau von hinten umfasst, sie auf den Hals geküsst und sie festgehalten hatte, wobei die 36-Jährige seine sexuelle Erregtheit gespürt hatte, war der nicht vorbestrafte Angeklagte vom Amtsgericht Stadtmitte mit einer sehr deutlichen Strafe belegt worden: Ein Schöffengericht verurteilte ihn zu einer einjährigen Bewährungsstrafe und 900 Euro Geldbuße.

In der Berufung beteuerte der 33-Jährige erneut seine Unschuld: „Da war überhaupt nichts.“ Es sei ein ganz normaler Arbeitstag gewesen, an dessen Ende die angeblich Geschädigte mit ihren Kindern in die Pizzeria gekommen sei, um sauber zu machen und den Laden zu schließen. Dann sei sie wieder gegangen.

„Er hat wie schon mehrfach versucht, meinen Mann schlecht zu machen, der an diesem Tag wegen einer Beerdigung verreist war“, erinnerte sich die Zeugin. Kurz vor dem Übergriff habe ihr der Aushilfsbäcker seine Liebe gestanden. „Ich habe nur gesagt, er soll den Mund halten.“

Er nahm sie überraschend in den Arm

Als sie Geschirr spülte, habe sie der 33-Jährige überraschend von hinten umfasst und sie auf den Hals geküsst. „Ich habe geschrien und mich gewehrt.“ Der Angeklagte habe sie mit Gewalt zu sich gedreht und ihr dabei einen blauen Fleck am Arm zugefügt. In diesem Moment habe er wieder von ihr abgelassen, weil jemand in die Pizzeria kam. Erst auf Nachfrage schilderte die Zeugin, dass sie etwas Hartes in der Hose des Angeklagten gespürt habe, vermochte aber nicht zu sagen, ob das ein Versehen oder Absicht des 33-Jährigen gewesen sei.

Die Berufungskammer zog sich zur Beratung zurück. „Wir sehen hier keine sexuelle Nötigung“, so der Vorsitzende. „Es gibt keinen Zeitpunkt der Tat, zu dem Gewalt eingesetzt wurde, um sexuelle Handlungen zu ermöglichen.“ Die Umarmung sei nur ein recht plumper Annäherungsversuch gewesen. „Aber nicht jede sexuelle Annäherung ist ein Verbrechen.“ Übrig bleibe letztlich nur ein blauer Fleck, den der Angeklagte der Zeugin möglicherweise sogar aus Versehen zugefügt habe.

Der Staatsanwalt konnte sich dieser Sichtweise nur anschließen. Sichtlich erleichtert stimmte auch der Angeklagte der Entscheidung zu, das Verfahren - ohne Auflagen - einzustellen.