Duisburg. Ist der Verkauf von Anteilen und Tochtergesellschaften der Stadt Duisburg tatsächlich eine Alternative zur umstrittenen Erhöhung der Grundsteuer? Die Redaktion hat einmal nachgerechnet.
Dass die Stadt zum dritten Mal in drei Jahren an der Steuerschraube dreht und den Satz für Grundsteuer B gleich um mehr als 100 Punkte auf den Rekordwert von 695 erhöht, bringt Eigentümer wie Mieter auf die Palme und löst scharfe Kritik der Oppositionsparteien im Stadtrat aus.
Die Frage bleibt jedoch, was die Alternative ist. Der Tenor ist eindeutig: Die CDU schlägt den Verkauf der Klinikum-Anteile vor, ebenso die DWG, der Unternehmerverband liebäugelt mit weiteren Verkäufen städtischer Anteile und die FDP würde gleich eine ganze Reihe von Beteiligungen veräußern. Doch was bringt es eigentlich, wenn die Stadt ihr „Tafelsilber“ verscherbelt? In wie weit wird der aktuelle Haushalt dadurch entlastet?
Verkauf des städtischen Anteils am Klinikum Duisburg
Noch hält die Stadt mit 51 Prozent die Mehrheit am städtischen Klinikum. Bis vor kurzem lag ein Übernahme-Angebot des Sana-Konzerns auf dem Tisch, das der Rat mehrheitlich ausschlug. CDU und DWG sprechen von einem möglichen Erlös von 30 Mio Euro.
„Wir wären gezwungen, den Erlös in den Schuldenabbau zu stecken“, sagt Kämmereileiter Frank Schulz auf NRZ-Nachfrage. So sehen es die Auflagen der Bezirksregierung vor. Doch bei der Höhe der Altschulden von fast 1,8 Milliarden Euro wäre der Effekt wohl nicht so hoch wie erwartet. Die Stadt zahlt für ihre Kredite derzeit einen Zinssatz von durchschnittlich 1,1 Prozent. Bedeutet: Baut Duisburg 30 Millionen Euro Altschulden ab, wird das aktuelle Haushaltsloch um 330.000 Euro kleiner.
Verkauf der RWE-Aktien
Da bereits aber im noch jungen Jahr 2013 der Fehlbetrag um 5,3 Millionen Euro höher ausfällt als erwartet, müsste die Stadt noch weitaus mehr Tafelsilber veräußern. Zum Beispiel ihr RWE-Aktienpaket. Hier entfallen sogar Verkaufsverhandlungen, die Aktien ließen sich schnell abstoßen. Wieviel sie bringen, hängt vom Kurswert ab, das Paket soll bei 20 bis 30 Millionen Euro liegen.
Aber: Das Aktienpaket bringt der Stadt auch Geld ein. „Die Dividende ist höher als der Zinseffekt“, sagt Kämmereileiter Schulz. Der Verkauf hätte daher einen einmaligen Effekt, die Stadt müsste aber auf die jährliche Ausschüttung verzichten.
Verkauf des städtischen Anteils an der Hafen AG
Die FDP bringt zu nahezu jeder Haushaltsrunde auch den Verkauf von städtischen Töchtern und weiterer Unternehmens-Anteile auf den Tisch. Wie zum Beispiel den Verkauf der Anteile an der Duisburger Hafen AG. Die Stadt hält ein Drittel, ebenso wie Bund und Land. Ein Verkauf ist langwierig und politisch brisant, wie die aktuelle Debatte um das Bundesdrittel zeigt. Ein Verkauf in private Hände lehnen Stadt und Land ab, die Mitgesellschafter müssten ohnehin zustimmen. Was der Hafen wert ist, bleibt Spekulation. Das Land lässt einen möglichen Kaufpreis für das Bundesdrittel aber gerade ermitteln. Allerdings wirft auch der Hafen Gewinne ab. Die Stadt kalkuliert langfristig mit einer Dividende von zwei Millionen Euro. Um diese Summe über die Zinsersparnis aufzufangen, müsste der Verkauf derzeit mehr als 180 Millionen Euro einbringen.
Verkauf der Gebag
Wozu braucht die Stadt heute noch eine städtische Wohnungsgesellschaft?, haben die Liberalen einmal gefragt. Und dazu noch eine, die durch waghalsige Projekte wie die Küppersmühle Verluste einfährt? Von den sozial- und wohnungspolitischen Steuerungsmöglichkeiten abgesehen: Auch die Gebag soll ab 2016 wieder eine Dividende ausschütten, langfristig ist eine halbe Million Euro fest eingeplant. In der jetzigen Lage stellt sich allerdibngs wohl eher die Frage: Wer würde eine Gesellschaft mit den noch anhängigen Risiken durch das Küppersmühlen-Fiasko überhaupt kaufen?
Verkauf des städtischen Stadtwerke-Anteils
Den größten Wert hätten sicherlich die Stadtwerke-Anteile. Die Stadt hält über den DVV-Konzern 80 Prozent der Anteile, die RWE AG besitzt die restlichen 20 Prozent. Auch wenn die Stadt die Restrukturierung der Stadtwerke samt Personalabbau im Vorjahr 20 Millionen Euro gekostet hat: Der Stromerzeuger warf über Jahrzehnte fette Gewinne ab, mit denen der Verlust aus dem Nahverkehr ausgeglichen werden konnte. Ohne die Stadtwerke müsste die Stadt die Millionen-Kosten für den ÖPNV direkt ausgleichen.
Was die Verkäufe tatsächlich bringen müssen
Aktuell muss die Stadt für das laufende Jahr weitere 5,3 Millionen Euro einsparen. Will sie das alleine durch Verkäufe und die Tilgung von Altschulden tun, müsste sie bei dem derzeitigen Zinssatz Anteile von Unternehmen im Wert von 500 Millionen Euro verkaufen. In den kommenden beiden Jahren liegt das Defizit jeweils bei rund elf Millionen Euro. Um diese Summe allein durch Zinseffekte zu decken, müsste die Stadt Tafelsilber im Wert von einer Milliarde Euro veräußern.