Nach dem Scheitern der Verhandlungen über einen Interessensausgleich für die Beschäftigten der Duisburger TSTG Schienentechnik soll am kommenden Montag ein gesetzliches Einigungsverfahren eingeleitet werden. Das kündigte der österreichische Stahlkonzern Voestalpine als Eigentümer des Schienenwerks am Mittwoch in Linz an. Geplant sei eine Schließung der Schienenproduktion in Duisburg zum Ende des Jahres.
400 Mitarbeiter betroffen
Von einer Schließung der TSTG Schienentechnik GmbH wären nach Angaben der IG Metall rund 400 Mitarbeiter betroffen. Die Arbeitnehmervertreter setzen sich für einen Verkauf des Werks ein. Mehr als einhundert Beschäftigte wollen deshalb am heutigen Donnerstag vor dem Düsseldorfer Landtag für ihre Forderung demonstrieren, sagte ein Sprecher.
Empfangen wird die Belegschaft voraussichtlich von einer großen Politiker-Koalition, die die Schließung des Bruckhausener Werks abwenden will. Wirtschaftsminister Garrelt Duin, Arbeitsminister Guntram Schneider (beide SPD) und CDU-Fraktionsvorsitzender Karl-Josef Laumann werden als prominente Redner bei der „Informationsveranstaltung des Betriebsrates“ erwartet, zumal der Landtag am Abend über einen interfraktionellen Antrag zur Sicherung der Schienenproduktion in Duisburg beraten wird, dem sich außer der FDP wohl alle Landtagsfraktionen anschließen werden.
Kein Käufer in Sicht
Voestalpine wies gestern auf Überkapazitäten und einen ruinösen Preiskampf hin. Dadurch sei das Werk „chancenlos“, hieß es. Bislang habe auch kein potenzieller Käufer Interesse gezeigt. In Deutschland war der österreichische Konzern zuletzt im Zusammenhang mit einem Schienenkartell in die Schlagzeilen geraten. Beteiligt waren auch die deutschen Hersteller ThyssenKrupp und Vossloh. Die Unternehmen, die sich selbst Schienenkartell nannten, sollen über Jahre hinweg Preise abgesprochen haben.
Hierzu laufen umfangreiche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft für Wirtschaft in Bochum. Eine Kartellstrafe von 124 Millionen wurde bereits gegen die ThyssenKrupp AG und den Voestalpine- Konzern verhängt. Schadensersatz-Forderungen in einem noch nicht abschätzbarem Volumen stehen von zahlreichen betrogenen Kunden noch aus.
Vor diesem Hintergrund, so die IG Metall ist der heutige Protest gegen die Schließungsabsicht von Voestalpine und die Bitte um Unterstützung für die Fortführung durch die Politik zu sehen, denn die Beschäftigten wollen, wie es das deutsche Kartellrecht ausdrücklich auch will, nicht zu Kartellopfern werden.
Voestalpine teilte derweil mit, dass die Werksleitung gemeinsam mit dem Betriebsrat einen professionellen Personaldienstleister beauftragen werde, um die Mitarbeiter konkret bei der beruflichen Neuorientierung zu unterstützen. Bereits in den vergangenen Monaten habe sich die Werksleitung aktiv um Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter bemüht. Derzeit hätten zehn Unternehmen – Betriebe der Voestalpine und Industriepartner aus der Region – konkretes Interesse an der Übernahme von Mitarbeitern gezeigt. Der Voestalpine-Konzern sich seiner Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern bewusst, habe die notwendigen finanziellen Rückstellungen bereits 2012 getätigt und werde einen substanziellen zweistelligen Millionenbetrag für die geordnete Schließung und Umsetzung des Sozialplans zur Verfügung stellen.
Die Fakten sprechen nach Ansicht des Mutterunternehmens Voestalpine eine eindeutige Sprache: „Die TSTG erwirtschaftet – bezogen auf ein nachhaltiges Normaljahr – einen operativen Verlust in der Größenordnung eines zweistelligen Millionenbetrags, trotz einer ausgezeichneten Auslastung und unerwartet günstiger Rohstoffkosten. Die Wirtschaftsprüfer haben diese negative Entwicklung anhand der aktuellen Geschäftszahlen der TSTG erst in dieser Woche erneut bestätigt.“
Die IG Metall sieht das ganz anders: „In einem kürzlich erstellten Gutachten für den Betriebsrat des Unternehmens wurde festgestellt, dass die TSTG Schienen Technik GmbH & Co. KG wirtschaftlich erfolgreich fortgeführt werden kann. Darüber hinaus werden die künftigen Märkte des Unternehmens als ausgesprochen gut eingeschätzt. Letztlich haben sich inzwischen zahlreiche Kunden für die Fortführung des Unternehmens aus gesprochen“, so die Gewerkschaft.