Wer mit Stahl zu tun hat, muss Nerven haben – schon in normalen Zeiten. Denn das Auf und Ab der Konjunktur trifft die Stahlbranche immer am stärksten, ob es aufwärts geht oder auch abwärts.
Doch was jetzt in Duisburg passiert, ist nicht – oder nur bedingt – konjunkturbedingt. 1000 Stellen will Thyssen-Krupp streichen, fast 400 sollen bei TSTG-Schienentechnik wegfallen. Der Grund für den massiven Sparbedarf bei Thyssen-Krupp liegt in der Ferne, in den USA und in Brasilien. Spitzenmanager, die längst nicht mehr an der Konzernspitze stehen, haben mit kühnen, aber gescheiterten Plänen dem Unternehmen Kosten in Milliardenhöhe beschert. Dieses Versagen müssen jetzt die Stahlbelegschaften in Duisburg ausbaden. Das ist ungerecht, aber Tatsache.
Erinnert sei in diesem Zusammenhang an Milliarden- oder zumindest Multi-Millionen-Gewinne, mit denen die Stahlsparte über Jahre Musterknabe im Thyssen-Krupp-Konzern war. Erwirtschaftet von hochqualifizierten Mannschaften an hochmodernen Anlagen und gar nicht lange her. Profitabel ist der Stahlstandort Duisburg nach wie vor. Insofern ist es anerkennenswert, wenn der Konzernvorstand nicht nur Sparvorgaben präsentiert, sondern auch Zukunftsperspektiven, die dann glaubwürdig sind, wenn sie mit Investitionszusagen verbunden werden.
Auch im Fall TSTG liegen die Probleme in der Ferne, wenn auch nicht ganz so weit weg. Die Konzernchefs in Österreich scheinen nach wie vor fest entschlossen, das Schienenwerk in Bruckhausen dicht zu machen. Wohlgemerkt: Dort läuft die Produktion auf Hochtouren, die Auftragsbücher sind voll. Doch anders als bei Thyssen-Krupp sind die hohen Herren bei Voest-Alpine nicht in der Lage, eine Perspektive zu präsentieren. Das allein wäre noch nicht einmal schlimm, wenn sie wenigstens die Weichen stellen würden für den Weiterbetrieb des Werkes durch neue Eigentümer. Dass so etwas geht, hat wiederum Thyssen-Krupp mehrfach bewiesen: Tailored Blanks ging unlängst an Chinesen, die Werke Ruhrort und Hochfeld betreibt seit Jahren der Inder Mittal.