Nein, es ruhiger angehen lassen, will er künftig nicht. Sein halbes Leben ist Professor Dr. Thomas Heberer zwischen China und Deutschland gependelt, hat das fernöstliche Land erkundet und sich einen Namen gemacht als dessen Kenner. Aufzuhören, weil er 65 und damit Ruheständler ist – jedenfalls auf dem Papier–, das kommt für den Ostasienwissenschaftler nicht infrage: „Wenn man begeisterter Forscher ist wie ich, kann man das nicht einstellen.“

42 Jahre Forschung, 15 davon an der UDE, haben Heberer quer durch das Reich der Mitte geführt: in pulsierende Metropolen wie Shanghai, in arme Dörfer, wo Strom und fließend Wasser selten sind und Clans das Sagen haben. Er ist in der Volksrepublik mit Parteigrößen zusammengekommen und hat sich wie kaum einer mit den Umwelt- bzw. sozialen Problemen und den politischen Entwicklungen befasst. Medien weltweit schätzen ihn als Experten, weil er wie nur wenige Ausländer den Blick von innen hat auf ein gigantisches Land, das immer wieder Rätsel aufgibt. Geografie-Bücher und Karl May machten ihn schon als Kind neugierig: Was trennt Deutschland und China, Europa und Ostasien? Was ist ihnen gemein? Heberer studiert Ethnologie, Sinologie und Politologie und reist 1975 als Doktorand erstmals in das kommunistische Reich. Es ist Kulturrevolution. „Eine wichtige Erfahrung, um die heutige Situation zu verstehen“, sagt er. Wenig später wird er Lektor und Übersetzer in Peking, lebt isoliert wie alle Ausländer – „das hat mich zweifeln lassen“ – und bleibt doch. Denn 1978 beginnt Chinas Veränderungsprozess. Vier Jahre später kehrt Heberer nach Deutschland zurück, verheiratet mit einer Chinesin. Er macht als Wissenschaftler Karriere, wird Professor zunächst in Bremen, Trier und dann 1998 in Duisburg, wo er entscheidend zum Renommee der Ostasienwissenschaften beiträgt.

Brücken bauen zwischen den Kulturen möchte Thomas Heberer weiterhin und bleibt er seiner Uni verbunden. Hier hat er noch Projekte und Studierende, die er betreut. Andererseits zieht es ihn auch ins Reich der Mitte. Eine Elite-Uni möchte ihn als Lehrer und Forscher gewinnen – er kann sich das durchaus vorstellen.