Duisburg. .

Drohender Fachkräftemangel macht erfinderisch: Mit einem aus EU-Mitteln finanzierten Programm will man künftig Schüler mit schwächeren Noten schon ab der Klasse neun so betreuen, dass ihr Übergang von der Schule in den Beruf fließend und passgenau vonstatten gehen kann.

„KolibriW“ heißt das vom „Institut für Modelle beruflicher und sozialer Entwicklung“ (IMBSE) entwickelte Projekt, wohinter sich im Prinzip eine berufliche Laufbahnberatung für Schüler verbirgt. Das Besondere: „Jeder Schüler kann sich bei uns melden“, sagt Jan Mattick, der gemeinsam mit Annika Pannhorst die Schüler betreuen wird.

Nachwuchsmangel

Das Projekt, das zunächst für 100 Schüler angelegt ist, setzt auf die Kooperation mit Unternehmen. Deshalb ist auch Achim Stamm, Vorstandsvorsitzender der RIW-Holding mit Sitz im Duisburger Hafen mit im Boot. „In vielen mittelständischen Betrieben wurde die Personalplanung für Nachwuchskräften vernachlässigt. Viele Ausbildungsplätze bleiben mittlerweile unbesetzt. Oft sind es nicht die Jobs mit dem weißen Hemdkragen, die wir bieten, aber: Wem der Job im Blaumann Spaß macht, der wird meiner Meinung nach niemals arbeitslos werden. Das Projekt bietet uns als Unternehmen die Chance, an junge Leute heranzukommen. Der Rest passiert von alleine.“ Stamm unterstrich, dass Schulnoten alleine nicht entscheidend seien.

Um eine Hemmschwelle abzubauen, hat IMBSE ein Online-Formular ins Internet gestellt, über das sich jeder Schüler ab dem 9. Schuljahr anmelden kann. „Ohne dass Eltern oder Lehrer vielleicht sagen ,Aber doch nicht mit diesen Noten’.“ Trotzdem setzt man zumindest in der Anfangsphase darauf, dass eine Schule mit dabei ist. In Duisburg ist es die Hauptschule Beim Knevelshof.

Fördermittel vom Land

Angeboten wird das Projekt aber nicht nur hier, sondern auch in den Kreisen Wesel und Kleve, was erklärt, dass auch der Moerser Landtagsabgeordnete Ibrahim Yetin (SPD) zu den Unterstützern zählt. „Das Land finanziert das Projekt über EU-Mittel zu 50 Prozent. Die andere Hälfte muss nun von den Unternehmen kommen.“ Und die können sich bei Interesse ebenfalls an das Institut wenden.

Den Jugendlichen sollen damit künftig möglichst passgenaue Praktika vermittelt werden, um in Berufe, von denen sie glauben, sie könnten ihnen Spaß machen, ohne Druck hineinschnuppern zu können. Jan Mattick bringt es auf den Punkt: „Wir wollen Schüler erreichen, die salopp gesagt: ,Bock auf eine Ausbildung haben’ und die jetzt schon daran arbeiten wollen. Wir wollen den Gedanken ,Ich habe ja doch keine Chance’ aus den Köpfen vertreiben.“

Zahlen und Fakten

Prognosen nach werden im Jahr 2030 in Duisburg und in den Kreisen Wesel und Kleve schätzungsweise 150 000 Fachkräfte fehlen, wenn nicht gegengesteuert wird. Die Agentur für Arbeit verstärkt ihre Anstrengungen setzt bei überbetrieblichen Ausbildungen verstärkt auf die Kooperation mit Unternehmen, die den praktischen Teil übernehmen. Ab der Klasse acht soll es außerdem an den Schulen bald Übergangsempfehlungen und Laufbahnberatungen geben, damit frühzeitig Möglichkeiten für eine Berufsausbildung und Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern geschaffen werden – ein Grund, warum auch das Duisburger Amt für schulische Bildung beteiligt ist.

Das IMBSE-Projekt setzt darauf, dass die Motivation bei den Jugendlichen stärker bedacht wird als die Noten auf dem Zeugnis. Jugendliche mit Migrationshintergrund sollten sich auf jeden Fall angesprochen fühlen. Achim Stamm (RIW) mit Blick auf die immer internationaler werdende Wirtschaft: „Es ist doch sensationell, wenn ein Jugendlicher zwei Sprachen spricht.“ Neben dem Maschinenbauer RIW sind u.a. zwei Logistikbetriebe und die Arbeiter-Wohlfahrt des Kreises Wesel am Projekt beteiligt. Weitere Unternehmen sind willkommen.