Eine spektakuläre Säuberungsaktion für das Bodenmosaik am Ostausgang des Hauptbahnhofes hatten die Organisatoren sich zum Start der Antifaschistischen Woche in Duisburg gewünscht. Bei eisigem Wind und Regen kamen aber nur wenige Duisburger, um die steinerne Lageskizze der Stadt mit den kleinen Messingtäfelchen für jeden Stolperstein, vom Schmutz des letzten Jahrzehnts zu befreien. 2002 hatte der Kölner Stolperstein-Künstler Günter Demnig das Mosaik bei den Jüdischen Kulturtagen zusammen mit Schülerinnen des Sophie-Scholl-Berufskollegs. Inzwischen ist die Zahl der in Duisburg verlegten Stolpersteine auf über 300 angewachsen.

Kaugummis kosten Mühe

Der StattChor Duisburg singt „Mir lehn ejbig“, ein jiddisches Lied, das 1943 im Wilnaer Ghetto entstand. Mit Schrubber, Scheuerpulver und Essigreiniger machen sich knapp 50 Teilnehmer der symbolträchtigen Aktion ans Werk. Die Integrationsbeauftragte der Stadt Leyla Özmal organisiert in der nahen Imbissbude eimerweise frisches Wasser. Der braune Dreck läuft in den Rinnstein. Halit Erol, der mit seiner Frau eigentlich nur mal gucken wollte, kniet inzwischen am Boden und bearbeitet temperamentvoll die vermaledeiten Kaugummis mit einem Klingenmesser. Nicht alle Spuren lassen sich beseitigen, die Messinglegende mit den Straßennamen bleibt unleserlich, sie ist schlicht abgetreten.

Doris Michel, Kreissprecherin vom Bund der Antifaschisten, wäre für eine Verlegung des Mosaiks zum Mahnmal für die deportierten jüdischen Kinder, das auf den Bahnhofsvorplatz umziehen soll. Dort würde es mehr gewürdigt und weniger mit Füßen getreten, glaubt sie. Günter Demnig ist aber ein Künstler, der Erinnerungsmarken an Folter und Mord zwischen 1933 und 1945 mitten in das Alltagsgeschehen setzen will. Die Verlegung wäre also vermutlich eher nicht in seinem Sinne.

Der Beginn der Antifaschistischen Woche fällt auf den Jahrestag der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee. „Es gibt ja diese Woche viele Veranstaltungen, die drinnen stattfinden, aber wir müssen auch rausgehen und junge Leute für die Sache mobilisieren“, sagt Doris Michel. In der Tat scheint ein Generationswechsel nötig. Die Besucher der Putzaktion sind fast alle im Rentenalter. Zum Abschluss werden Fackeln angezündet und der Chor singt „Bella Ciao“ die italienische Widerstandshymne vom Partisanenkampf gegen die Faschisten. Den Text singen alle auswendig mit.