Duisburg. Ausländer, die die deutsche Staatsbürgerschaft in Duisburg beantragen möchten, haben momentan keine Möglichkeit dazu. Derzeit stapeln sich die Anträge bei der Einbürgerungsstelle. Die ersten Termine können erst ab Juni 2013 wieder vergeben werden. Grund sind u.a. Sparmaßnahmen der Stadt.

Ausländer, die bei der Stadt die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen wollen, haben dazu keine Chance: Telefonisch ist keiner der Sachbearbeiter zu erreichen, die Einbürgerungsstelle auf der Königstraße vergibt keine Termine für die notwendigen Beratungsgespräche.

Keine Neuanträge mehr

„Wir nehmen bis zum Sommer keine Neuanträge mehr entgegen“, bestätigte Stadtsprecherin Susanne Stölting der WAZ-Mediengruppe. Hintergrund ist ein extremer Personalmangel: Von den sechs Mitarbeitern, die in der Einbürgerungsstelle planmäßig vorgesehen sind, ist nur ein einziger anwesend. Und das offenbar seit längerer Zeit: Inzwischen haben sich 1500 unbearbeitete Anträge aufgestaut — so viele wie sonst innerhalb eines ganzen Jahres eingehen. Der einzig verbliebene Sachbearbeiter muss sie jetzt abarbeiten.

Ist das nur der Anfang?

Unglaublich: Auf dem Schreibtisch eines einzigen Mitarbeiters stapelt sich die gesamte Arbeit eines Jahres einer kompletten Abteilung. Wenn die Stadt solche unhaltbaren Zustände wie in der Einbürgerungsstelle nicht ausgleichen kann, bleibt die bange Frage: Ist das nur der Anfang?

Der Fall lässt das ungute Gefühl aufkeimen, was da noch alles in der Zukunft auf die Duisburger zukommen könnte. In den kommenden acht Jahren muss die Stadt noch 700 Stellen abbauen. Das wird der Bürger gewiss zu spüren bekommen. Aber wie schlimm kann es werden? Müssen wir bald im Bürgerservice bis vor die Tür in der Schlange stehen? Können wir unser Auto bald nicht mehr am gleichen Tag an- oder ummelden? Müssen wir neue Ausweise ein Jahr im Voraus beantragen, damit wir rechtzeitig in den Urlaub fliegen können?

Sich mit solchen Fragen auseinander setzen zu müssen ist das Schicksal einer Pleite-Kommune, die in fetten Jahren nicht gespart und lange über ihre Verhältnisse gelebt hat. Der Schuldenberg wächst dieses Jahr auf die neue Rekordhöhe von 1,85 Milliarden Euro. Die Weisheit, diese Last nicht immer weiter auf die nächste Generation zu schieben, sie ist etwas spät vom Himmel gefallen. Ingo Blazejeswki

Laut Stölting gebe es längere Krankheitsfälle und offene Stellen, die die Stadt wegen des Sparzwangs nicht nachbesetzen darf. „Wir geben uns alle Mühe, so schnell wie möglich hinterher zu kommen“, sagt Stölting. Ab April könne eine Stelle wieder neu besetzt, Termine wohl wieder ab Juni vergeben werden. Ausnahmen seien Notfälle, der Antrag solle per Post oder E-Mail gestellt werden. Dass Mitarbeiter aus anderen Bereichen aushelfen, sei nicht möglich: „Wir haben an vielen Stellen Engpässe. Wenn wir woanders jemanden abziehen, reißen wir dort eine neue Baustelle auf. Langsam wird es wirklich eng.“ Einen Rechtsanspruch, dass Anträge in einer gewissen Frist bearbeitet werden, gebe es nicht.

Kritik vom Integrationsrat

„Die Sparmaßnahmen treffen zuerst die Migranten. Sie werden benachteiligt“, sagt Sevket Avci, Vorsitzender des Integrationsrats. „So geht es nicht mehr. Hier muss dringend etwas gemacht werden.“ Auch bei der Ausländerbehörde gebe es Wartezeiten von sechs Monaten. „Und das in einer Stadt, in der ein Drittel der Einwohner einen Migrationshintergrund haben.“ Nächste Woche habe er ein Gespräch beim OB, sagt Avci. „Der muss mit seinem Personaldezernenten eine Lösung finden.“