Duisburg. .
Was ist schockierender? Dass junge Leute, die mit Oper nichts am Hut haben, dreimal freiwillig in Giacomo Rossinis „Tosca“ im Duisburger Theater gehen – oder dass sie in der Aufführung am Sonntag, 16. Dezember, um 15 Uhr mit Rap- und Breakdance-Einlagen auf der Bühne stehen?
Für die elf Rapper und Breakdancer, die sich im Rahmen des Projekts „Kulturschocker“ mit „Tosca“ auseinandergesetzt haben, war der erste Opernbesuch anfangs durchaus „abschreckend, anstrengend und extrem fremd“, wie der Duisburger Malte Brandau sagt. „Ich mache seit zehn Jahren Rap und wollte meinen musikalischen Horizont erweitern.“ Nachdem er sich einmal auf das Werk eingelassen hatte, seien ihm die Beats „sofort klar gewesen“, auf die der Text zu dichten war. Gar nicht fremd schließlich waren ihm Themen wie Liebe und Eifersucht, Angst und Verfolgung, die in der Oper in Vergewaltigung, Mord und Selbstmord enden.
Nachdem die Jugendlichen nach der Vorstellung am 12. Oktober ihren ersten Opern-Schock überwunden hatten, haben sie in Workshops drei Rap-Songs erarbeitet, von denen zwei auch als Musikvideos im Internet zu sehen sind. Vor der Aufführung am 17. November haben sie dann auf dem Platz vor dem Theater 100 Menschen davon überzeugt, gemeinsam mit ihnen spontan in die Oper zu gehen. Höhepunkt des Projekts ist, wenn am Sonntag die Rapper und Breakdancer ihre „Tosca“-Songs „Bei Nacht“ und „Der letzte Kuss“ vor Opernpublikum präsentieren: bei der Einführung um 14.30 Uhr im Foyer sowie zum Start der Vorstellung und des zweiten Teils auf der großen Bühne. Dabei sitzt nicht nur das Abo-Publikum im Zuschauerraum, sondern auch 100 Fans und Freunde, denen Karten über Facebook zukommen.
Generalintendant Christoph Meyer war fasziniert von den zwei Video-Clips – wegen der „klugen Beschäftigung mit dem Stoff“. Sein erster Gedanke: „Ich muss das auf die Bühne bringen.“ Es gehe darum, Schwellenängste abzubauen: „In dieses Haus kann und soll jeder rein.“ Je nachdem, wie es am Sonntag ankommt, will er solche Einlagen auch bei anderen Stücken einsetzen.
„Der Kommunikationsraum Theater wird unterschätzt“, sagt Hartmut Gläsmann von „rmc medien + kreativ consult Gmbh“, die 2009 die „Kulturschocker“ mit dem langjährigen Wuppertaler Generalintendanten Gerd Leo Kuck initiiert haben. Indem man Dinge in Beziehung setze, die keine Beziehung haben, schaffe man neue Erfahrungen. „Jeder leere Platz im Theater ist ein verlorenes Erlebnis. Wir wollen Plätze mit jungen Leuten füllen“, so Gläsmann.