Duisburg..

Es war ein ungewöhnlicher Stadtrundgang, zu dem Harald Molder und Reinhold Stausberg eingeladen hatten. Die Teilnehmer mussten das „Haus der Familie“ an der Lutherkirche nicht verlassen und kamen doch weit – die Reise ging quer durch ein ganzes Jahrhundert: Molder und Stausberg stellten den Bildband „Archivbilder Duisburg-Duissern“ vor.

Pferde an der Ruhr

Dafür haben die beiden Mitglieder des Vereins „Zeitzeugenbörse Duisburg“ mehr als 200 Bilder aus öffentlichen und privaten Sammlungen zusammengetragen. Fotografien und historische Ansichtskarten, die bisher noch nicht veröffentlicht wurden, haben den Weg ins Buch gefunden. „Vielleicht gibt es noch einen zweiten Band, wir haben so viel Material zusammengetragen“, erzählte Molder während der Buchvorstellung und hörte sich bei den Besuchern schon nach weiteren Fotos um.

Dabei gibt es im vorliegenden Band schon genug zu entdecken. Zum Beispiel einige Bauernhöfe, die von der bäuerlichen Vergangenheit des Stadtteils künden; Felder mit Pferden an der Ruhr, eine Gänsefamilie, die über eine Wiese watschelt – wo heute Autos rollen. Von der früheren Idylle ist kaum noch etwas geblieben. Spannend wird die Reise durch Duissern, wenn man Unterschiede zur heutigen Bebauung entdecken und die Entwicklung über die Jahrzehnte verfolgen kann. Von Häuserzeilen an der Mülheimer Straße, wie sie vor 100 Jahren aussahen, blättert man weiter und sieht Aufnahmen aus den 50er Jahren, auf denen riesige Lücken zu erkennen sind, die der Luftkrieg geschlagen hatte. Andere Ecken haben sich gar nicht verändert, das Foto eines Gebäudes an der Schweizer Straße hätte auch heute entstanden sein können, doch es stammt von 1909, wie die Bildunterschrift verrät. In kleinen Portionen wird so zwischen den Fotos Geschichtsunterricht erteilt.

Nicht nur die Straßenverläufe oder Gebäude haben sich mit der Zeit verändert: Ebenso interessant ist es, den Menschen zu begegnen, die fotografisch festgehalten wurden, auch wenn sie auf den Bildern meist nur Randerscheinungen sind. Auf der einen Seite eilt eine Frau mit wehender weißer Bluse und langem Rock über die Prinzenstraße des Jahres 1915, auf der anderen ist die Spaziergängerin auf der Mülheimer Straße fast von einer Blechlawine verdeckt, es ist 1969 und ein Käfer rollt vorbei. Pferdekutschen, Autobahnen, Schulkinder, Soldaten, die Anfänge des Tierparks und das Ende der Nationalbrauerei in den 30ern – viele Geschichten tun sich auf.