Duisburg/Potsdam. . Der Polizei ist bei einer Großaktion ein schwerer Schlag gegen das Rockermilieu gelungen. Bei Razzien in Brandenburg, Berlin, Sachsen und NRW wurden am Dienstagmorgen Hieb- und Stichwaffen sichergestellt. Die Ermittler verhafteten sechs Verdächtige. Hintergrund für die Groß-Razzia: zwei versuchte Tötungsdelikte.

Wegen zweier versuchter Tötungsdelikte im brandenburgischen Königs-Wusterhausen im Dezember 2011 haben Staatsanwaltschaft und Polizei am frühen Dienstagmorgen in vier Bundesländern Razzien im Rockermilieu durchgeführt. An etwa 50 Orten in Brandenburg, Sachsen, Berlin und Nordrhein-Westfalen sind Wohnungen und Treffpunkte von Verdächtigen durchsucht worden.

Die Polizei nahm sechs Verdächtige aus dem Rocker-Milieu fest. In NRW durchsuchten die Ermittler das Clubhaus der Hells Angels in Duisburg-Rumeln. Dort wurde niemand festgenommen.

Die Ermittler stellten zahlreiche Beweismittel sicher. Neben Computern und Laptops wurden etwa 20 Messer und Macheten sowie Schlagstöcke, Quarzhandschuhe und weitere Schlagwerkzeuge gefunden. Die Auswertung der Datenträger und die kriminaltechnische Untersuchung der Beweismittel werde "längere Zeit" dauern, hieß es.

Hintergrund für Rockerrazzia sind versuchte Tötungsdelikte

Wie ein Sprecher des Landespolizeipräsidiums Brandenburg am Morgen auf Anfrage mitteilte, konzentrieren sich die Ermittlungen auf die Motorradclubs Gremium und Hells Angels. Dabei seien auch Einrichtungen und Wohnungen im Raum Duisburg von der Polizei unter die Lupe genommen worden. Hintergrund der Aktion sei eine Messerstecherei vor einem Dreiviertel Jahr in Königs-Wusterhausen bei Berlin. Damals waren ein 26-Jähriger und ein 16-jähriger Junge mit Messerstichen lebensgefährlich verletzt worden. Eine Sonderkommission ermittelte, dass es sich bei den Übergriffen vermutlich um Auseinandersetzungen rivalisierender Rockerklubs handelte. Dabei sei der 16-Jährige, der keine Verbindungen in diese Szene habe, zufällig Opfer geworden.

Polizei verstärkt den Druck auf kriminelle Rocker

Die Polizei verstärkt seit Jahresbeginn den Druck auf kriminelle Rocker. So hatten zuletzt Beamte Anfang August auf Veranlassung der Berliner Polizei elf Objekte in Brandenburg, Sachsen und Baden-Württemberg durchsucht. Es handelte sich vorrangig um Wohnungen ehemaliger Mitglieder einer Ende Mai verbotenen Untergruppierung der Berliner Hells Angels.

Durchsuchungen liefen unter anderem in Cottbus, Eberswalde und Britz (Brandenburg), Bautzen, Chemnitz und Dresden (Sachsen) sowie in Karlsruhe (Baden-Württemberg) und im Raum Duisburg.

Hintergrund war die Festnahme von drei Sympathisanten der Rockergruppe Bandidos Anfang Juli. Sie sollen möglicherweise einen Sprengstoff-Anschlag in Berlin geplant haben um Überläufer zum Konkurrenzclub Hells Angels zu rächen. Die Männer seien auf dem Weg in die Hauptstadt gewesen, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA) Mecklenburg-Vorpommern.

Polizisten hatten das Fahrzeug der 34, 36, und 47 Jahre alte Männer auf einer Fähre aus Dänemark kontrolliert und drei Stangen Sprengstoff - insgesamt ein Kilogramm - sowie eine Sprengkapsel gefunden. Zwei von ihnen sollen Mitglieder der Rockergruppierung Bandidos MC sein.

Bereits mehrere Razzien gegen Rocker in NRW 

In diesem Jahr hatte es in NRW bereits mehrere groß angelegte Durchsuchungen im Rocker-Milieu gegeben. Zuletzt waren Mitte Juli bei einer Groß-Razzia in Essen zeitgleich Wohnungen von Mitgliedern der Rocker-Gruppen „Hells Angels“ und „Bandidos“ sowie deren „Supportern“ oder Angehörigen durchsucht worden. Dabei fanden die Beamten eine Vielzahl von Waffen.

Insgesamt hatten die Fahnder 15 Privatwohnungen in neun nordrhein-westfälischen Städten im Visier. Allein vier der durchsuchten Wohnungen lagen auf Essener Stadtgebiet.

Hintergrund der verstärkten Aktivitäten gegen Rocker in NRW ist ein "Rocker-Krieg", der sich zwischen den verfeindeten Gruppen Bandidos und Hells Angels abspielt. Dabei hatten sich Ende Januar in Mönchengladbach an die Hundert Anhänger beider Motorrad-Clubs eine Schlägerei und Messerstecherei geliefert, vier Personen wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. In der Folge nahm die Polizei das Rocker-Milieu intensiv in den Blick.

Zuletzt wurde vor wenigen Tagen in Leverkusen der dortige Bandidos-Chef wegen des Verdachts der Nötigung und weiterer Delikte festgenommen. Er wird auch verdächtigt, bei der Schlägerei in Mönchengladbach einen anderen Rocker mit einem Messer schwer verletzt zu haben. (dae/WE; mit dapd)