Duisburg-Neudorf.
Auf der ältesten bekannten Grabstätte der Stadt steht heute ein Museum. Über den ersten ökumenischen Friedhof schlendern täglich tausende Einkäufer und manche Familien reisen eigens aus Skandinavien an, um verstorbene Verwandte in Duisburg beizusetzen: Sie stecken voller Geschichten und Geheimnisse, die Grabstätten unserer Stadt. Heinz Zander von der niederrheinischen Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichtsforschung brachte bei seiner Führung über den alten Friedhof am Samstag für rund 70 Besucher ein wenig Licht ins Dunkel.
15 Stufen führen hinauf zu der Kapelle, die im Herzen des alten Friedhofs am Sternbuschweg steht, in einen Stein im Gemäuer sind die Worte „W. Kesselringe, 1948“ eingeritzt. „In dieser Kapelle findet keine Aufbahrung oder Aufbereitung von Leichnamen statt“, erzählt Geschichtskundler Zander. „Sie wurde allein für Andachten zum Gedenken an die Toten errichtet.“ Dabei geriet der Bau der Kapelle, fertig gestellt 1873, einst zur unerwarteten Kostenfalle: Veranschlagt mit 9000 Mark, kostete der Bau letztlich fast drei Mal so viel. „Und als das Gebäude gerade fertig war, sickerte der Regen durch die Wände. Da musste wieder umgebaut werden.“
Zander kennt die Geschichten des Friedhofs wie kaum ein anderer, rund 70 Teilnehmer der Führung hängen an seinen Lippen. „Dies ist die Gruft der Familie Böninger, einer gut situierten Familie, die sich stark um die Stadt verdient gemacht hat“, erklärt Zander, und deutet auf ein mit Bauzäunen umrahmtes Gelände gegenüber von der Kapelle. „Es ist das einzige unterirdische Mausoleum Duisburgs. Doch zur Zeit muss es trockengelegt werden.“
Hinter der Kapelle beginnt die „Kastanienallee“, die das Grab des ersten Oberbürgermeisters der Stadt und das einzige Hünengrab des alten Friedhofs verbindet. „Carl Lehr“ ist in großen Lettern in den wuchtigen Grabstein eingehauen, ansonsten ist das Grab schlicht gehalten. Wenige Meter weiter ruht der einstige OB August Seeling. „Er lebte zu einer Zeit, in der es Duisburg noch besser ging“, erinnert sich Heinz Zander. „Ihn besuchten auch Queen Elizabeth und der Schah von Persien.“ Doch der alte Friedhof beherberge nicht nur bekannte Politiker und Unternehmer – auch „Duisburger Originale“ seien hier begraben. „Vogelprofessor Heinebein etwa, dem eine Karnevalsgesellschaft hier ein Grab reserviert hatten.“
Als älteste Grabstätte der Stadt gilt der Kantpark, während auf dem König-Heinrich-Platz noch im 19. Jahrhundert Verstorbene beigesetzt wurden. Der alte Friedhof entstand 1870. „Nach einer Cholera-Epidemie im Jahr 1866 reichten die bestehenden Friedhöfe nicht mehr aus“, erklärt Zander. „1911 wurde der Friedhof um 44 Morgen erweitert. Das Land stammte von der Familie Haniel.“ Doch schon 1923 reichte der Platz nicht mehr aus – es entstand der neue Friedhof in Wanheimerort.