Duisburg. . Nach dem Brand in einem Duisburger Seniorenheim fordern Experten strengere Sicherheitsauflagen für Altenheime. Nicht ohne Grund: Jedes Jahr brennen rund 50 Seniorenheime. “Selbst Lagerhallen sind besser geschützt“, kritisieren Experten. Sie fordern Brandmelder und Sprinkleranlagen.
Der Brandmelder im „Haus Marxloh“ schlug um 4.32 Uhr Alarm. Die Nachtschicht des Seniorenheims hatte noch Dienst an diesem Sonntagmorgen, als der Ton die Bewohner aus dem Schlaf riss. Das Zimmer, in dem der Brand wütete, wurde von zwei Männern bewohnt, einem 69-Jährigen und einem 59-Jährigen, der sich wegen schwerer Krankheit dort aufhielt. Beide starben in den Flammen. Ein Zigarillo hatte den Brand ausgelöst, wie sich später herausstellte. Ein tragischer Unfall durch Unachtsamkeit – Patientenverbände fordern deshalb einen besseren Brandschutz.
„Hier ist alles da, was wir greifbar hatten“, erklärte ein Polizeisprecher vor Ort. Zahlreiche Rettungs- und Feuerwehrwagen tauchten die letzten Häuser vor dem Thyssen-Gelände an der Kaiser-Wilhelm-Straße in blaues Licht.
Acht Bewohner ins Krankenhaus eingeliefert
Acht Bewohner wurden mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung in ein Krankenhaus eingeliefert, drei von ihnen mussten weiter behandelt werden. Eine Schwester zog sich nach Angaben der Polizei im Zimmer leichte Verbrennungen zu. Insgesamt sind in dem Haus 66 Bewohner gemeldet. Nach der Evakuierung fanden sie Unterschlupf in einer Straßenbahn der Linie 901. Erst nach zwei Stunden konnten sie wieder in ihre Zimmer; in Rollstühlen, an Rollatoren, auf Socken verließen sie die Bahn.
Brandursache war ein Zigarillo, stellte die Feuerwehr schnell fest. „Es ist das eigene Zimmer der Bewohner, wir können den Zigarettenkonsum dort nicht verbieten“, erklärte Eberhard Jach, Geschäftsführer des Seniorenzentrum-Betreibers Procuritas. Die erste Etage des Gebäudetraktes, in dem das Brandzimmer liegt, könne vorerst nicht bewohnt werden, so Jach.
"Selbst Lagerhallen sind besser geschützt"
Alten- und Altenpflegeheime sind für viele Bewohner eine Feuerfalle. Bei 50 Bränden jährlich sterben bis zu 20 Senioren. Mehr als einhundert werden verletzt. Oft passiert es nachts. „Selbst Lagerhallen sind besser geschützt“, wirft Eugen Brysch, Vorsitzender der Deutschen Hospiz Stiftung, den Landesbehörden eine Aufsichtspflichtverletzung vor.
Die Dortmunder Patientenschützer-Vereinigung kommt in einem Ländervergleich zum Schluss, dass in Nordrhein-Westfalen wie in vielen anderen Bundesländern weder eine direkt zur Feuerwehr geschaltete Brandmeldeanlage vorgeschrieben ist noch bestehende Altenheime auf eine nachträgliche Verbesserung des Brandschutzes überprüft werden. Auch Sprinkleranlagen fehlten.
Immer wieder kommt es zu Feuern wie jetzt in Duisburg. Im Dezember 2011 hatte es im rheinischen Willich einen Brand gegeben, bei dem in der Residenz „Servicewohnen“ eine 92-jährige Frau starb. Brandursache war ein Teelicht auf einem Wohnzimmertisch. Eine Brandmeldeanlage gab es nicht. Wenige Monate zuvor war in Siegburg bei einem Altenheim-Brand ein Mensch ums Leben gekommen. 2010 hatte es in einem brennenden Stift in Würzburg fünf Tote gegeben, nachdem eine Halogenlampe Feuer gefangen hatte. Die beiden Hilfskräfte waren in der Brandnacht überfordert.
Strengere Sicherheitsstandards gefordert
In Deutschland leben mehr als 700 000 Menschen in 11 000 stationären Pflegeeinrichtungen. „80 Prozent der Bewohner sind nicht in der Lage, sich selbst zu retten“, mehr als die Hälfte sei dement, sagt Brysch. Ein einziger Pfleger im Nachtdienst sei mit Rettungsaufgaben völlig überfordert. Die Dortmunder Patientenschützer verlangen, dass deutschlandweit Sicherheitsstandards gelten müssen: Nicht nur alte Anlagen müssten überprüft werden. Neue Einrichtungen müssten eine Sprinkleranlage, eine Brandmeldeanlage, die zur Feuerwehr geschaltet ist, und Gefahrenmelder in jedem Zimmer haben.