Duisburg.. Bernhard Puchmüller ärgert sich über Angriffe auf Senioren. Der 68-jährige Boxer aus Duisburg möchte Älteren helfen, sich selbst zu verteidigen und gründet einen Senioren-Fightclub. Hier sollen Frauen und Männer ab 55 Jahren das Thaiboxen lernen.
Es gibt eine Sache, die Bernhard Puchmüller so richtig aufregt: Jugendliche, die sich an Senioren vergreifen. „Man hört immer wieder in den Medien, dass die Aggressionen gegen Ältere zunehmen. Ein altes Ehepaar kann man ja überfallen, die können sich ja nicht wehren. Das bringt mich wirklich auf die Palme“, ärgert sich der 68-jährige Boxer aus Duisburg. Er möchte Senioren helfen, damit sie sich im Notfall verteidigen können. Da kam ihm die Idee: „Ich gründe einen Senioren-Fightclub.“
„Senioren-Fightclub – das klingt martialisch. Aber Altherrenboxen klingt doch grauenhaft“, findet Puchmüller. Das Boxen hat der pensionierte Ingenieur während des Studiums angefangen. Er wollte sein Selbstbewusstsein stärken, sich selbst und vor allem seine damalige Freundin verteidigen können. Jetzt organisiert der 68-Jährige einen Selbstverteidigungskurs.
Boxen mit vollem Körpereinsatz
Ein professioneller Trainer soll Frauen und Männern ab 55 Jahren das Thaiboxen, auch Muay Thai genannt, beibringen. Laut Puchmüller, der seit drei Jahren aktiv Thaiboxen betreibt, ist das die beste Sportart, um sich selbst zu verteidigen – auch für ältere Leute. „Der Abwehrerfolg ist sehr effektiv“, argumentiert er. „Der Sport baut im wesentlichen aufs Boxen auf. Beim Muay Thai darf ich aber auch mit Füßen, Knien, Ellenbogen und Händen abwehren.“ Die Teilnehmer brauchen keinerlei Vorerfahrung. „Ein bisschen sportlich müssen sie aber schon sein.“
Peter Frese, Geschäftsführer des Dachverbandes für Budotechniken in NRW, zweifelt daran, dass Thaiboxen das Richtige für Senioren ist. „Ich denke, das ist eine sehr harte Sportart“, sagt Frese. „Wenn man sich vorstellt, dass man mit Händen oder Ellenbogen schlägt, da ist eine ganz schöne Wucht hinter.“ Deshalb müssten die Senioren gut geschützt werden. Ein weiteres Problem sei, dass die körperliche Geschicklichkeit im Alter abnimmt. “Ich würde in der Altersgruppe die traditionellen Selbstverteidigungssportarten wie Karate oder Judo empfehlen“, sagt Frese. Generell sei es ratsam sich vor dem Training vom Arzt durchchecken zu lassen.
Eine Stunde Training pro Woche
Berndhard Puchmüller will das Boxtraining an die körperliche Verfassung der Teilnehmer anpassen. Der Duisburger hat aber schon mal einen vorläufigen Plan entwickelt. Einmal pro Woche soll eine Stunde lang mit den Senioren in den Räumen des Muay Thai Vereins in Meiderich trainiert werden. Das Training ist aufgeteilt in drei Phasen à 20 Minuten. Los geht's mit einem Konditionstraining, bei dem sich die Teilnehmer unter anderem mit Sit-Ups und Boxerlauf aufwärmen. Danach werden die Techniken erklärt. Die Senioren lernen verschiedene Tritte und Schläge, die sie zum Trainingsende beim Sparring, dem Zweikampf, direkt anwenden. „Das ist wie ein Straßentraining“, sagt Puchmüller.
Der Boxer warnt aber ausdrücklich davor, die Kampftechniken zu missbrauchen. „Kampfsport muss sozial sein. Wichtig ist, dass ich ihn nie zum Nachteil schwächerer anwende. Immer nur, um Selbsthilfe oder Nothilfe zu leisten. Aber dazu kommt es hoffentlich nicht.“ Der 68-Jährige versteht das Training als Präventionsmaßnahme.
Puchmüller verteidigte älteres Ehepaar in Duissern
Puchmüller erinnert sich an die ein oder andere Situation, in der er selbst dann aber doch schon mal Gebrauch von den Kampftechniken gemacht hat. „In Duissern sprang ein junger Typ mal vor ein älteres Ehepaar und machte so Kung-Fu-Übungen“, erzählt der Boxer. „Die Straßenbahn musste sogar anhalten. Dann bin ich da rüber gegangen und hab gefragt: ‘Ey, was soll das?’“ Wegschauen kommt für den 68-Jährigen nicht in Frage. „Das hab ich nie gemacht. Ich habe ein ausgeprägtes Verantwortungsgefühl.“ Der junge Mann habe seine „Übungen“ dann vor dem Kampfsportler fortgeführt. „Da hab ich einmal hingelangt.“ Für Puchmüller ist ganz klar: „Das war Notwehr.“ Der junge Mann sei daraufhin weggelaufen.
Thaiboxen für Senioren
Im Senioren-Fightclub sollen ältere Menschen lernen, sich in Notsituationen selbst zu helfen. Bisher haben sich zwei Interessierte angemeldet, ein Bekannter, den Puchmüller vom Golf kennt und ein Beamter im Vorruhestand. „Sobald wir sechs Leute zusammen haben, kann das Training starten.“ Etwa 50 Euro soll das Boxtraining pro Monat kosten. Zusätzlich können die Teilnehmer jederzeit an den Sandsäcken oder mit anderen Boxern trainieren.
Senioren sollen nicht zum Prügelknaben werden
Mit dem Fightclub möchte Bernhard Puchmüller ein Zeichen setzen und spricht ein soziales Problem an. „Wir werden immer mehr, die so alt werden und es werden mehr Jugendliche, die frustriert werden. Für mich darf unsere Generation nicht zum Prügelknaben für frustrierte Jugendliche werden. Sollen sie doch Holz hacken gehen, aber nicht so, das geht nicht.“