Duisburg. .

„Licht an“ für die schönsten Überstunden im Ruhrgebiet: Tausende gingen in der Nacht von Samstag auf Sonntag wieder auf „Extraschicht“ und erlebten die traumhafte Verschmelzung von Kultur und Industrie. Drei Duisburger Schauplätze verzauberten die Besucher mit Klang- und Lichtinszenierungen und nahmen sie mit auf eine bunte Reise durch Charme und Ästhetik des Reviers.

Im Innenhafen, im Landschaftspark Nord und im Binnenschifffahrtsmuseum traten zahlreiche Künstler auf, darunter Sänger David Pfeffer und Comedian Markus Krebs. Höhepunkt der Nacht war das spektakuläre Feuerwerk auf und über dem stillgelegten Hochofen im Landschaftspark.

Schleichend zieht sich die Sonne zurück, langsam überlässt sie die Stadt der Dunkelheit. Es naht die blaue Stunde, der Zeitpunkt, auf den alle gewartet haben. Nun kann sie beginnen, die lange Nacht der Industriekultur.

Gemächlich schlendert Michael Hess über die Innenhafen-Promenade, wachsam wandern seine Augen über die Fassaden der Gebäude zu beiden Seiten des Wassers. Der Norddeutsche ist selbst Handwerksmeister, fühlt sich als „geborener Metaller“. Auf industrielle Denkmäler habe er sich daher besonders gefreut. „Das vermisse ich hier im Innenhafen ein wenig“, gesteht Hess, fügt aber schnell an: „Immerhin habe ich schon so richtig urige Ruhrpottler getroffen. Nett unterhalten kann man sich hier ja.“

In der Tat, der Innenhafen entfaltet seinen besonderen Reiz als musikalischer und kulinarischer Treffpunkt. Auf einer Bühne am Wasser singt ein Jazz-Künstler, ein älteres Pärchen lehnt händchenhaltend am Geländer des Hafens und blickt über das Wasser, es riecht nach Zwiebelkuchen und Bratwurst. Doch inmitten des Trubels finden sich auch hier Relikte wie die Ladekräne an der Promenade, stumm zeugen sie von einer vergangenen Zeit.

„Der Innenhafen ist Symbol für den Wandel der Stadt, weg von der manuellen, dreckigen Arbeit, hin zur sauberen Büroarbeit“, erklärt Günter Post. Der Ingenieur im Ruhestand führt eine Gruppe Besucher herum und erzählt die Geschichte des Hafens. „Die Gebäude auf der einen Seite des Innenhafens beheimaten moderne Büros, aber die alten Gebäude auf der anderen Seite hat man versucht, weitestgehend zu erhalten. Diese Mischung macht den Hafen so besonders.“

Im Binnenschifffahrtsmuseum gehen unterdessen die Lichter an, während es draußen dunkel wird. In bunten Farben wird das zwanzig Meter hohe Schiffsmodell in der Mitte der Museumshalle angestrahlt, eine betörende Geräuschcollage erweckt den Raum zum Leben und erzählt mit Klängen eine Geschichte von stürmischer See und harmonischen Gewässern. „Ich bin überwältigt von der Resonanz, die wir hier bekommen“, frohlockt Museumsdirektor Dr. Bernhard Weber. „Vom Shanty-Chor bis zu den Lichtinstallationen, die Gäste haben einen tollen Abend.“

Als die Nacht die Stadt endgültig in ihren Fängen hat, wird der Landschaftspark Nord zum Treffpunkt der „Extraschicht“-Besucher. Die beleuchteten Industriedenkmäler ziehen die Nachtschwärmer an wie das Licht die Insekten. Auf der Bühne singt David Pfeffer, eine Frau knipst Fotos von einer alten Lok, in der Kraftzentrale testet ein Junge das Echo der gigantischen Halle.

Draußen liegt ein vorfreudiges Knistern in der Luft, beinahe ehrfürchtige Stille breitet sich aus: Nun folgt das Feuerwerk. Die Köpfe in den Nacken gelegt blicken die Menschen hinauf zu den mächtigen Industrieruinen, verfolgen mit offenen Mündern die Funken des Feuerwerks, die den Stahlkolossen für einen Moment wieder ihre alte Strahlkraft zurückgeben. Noch stundenlang ziehen die Besucher umher, bis schließlich auch die letzten ihre „Extraschicht“ beenden.