Duisburg. . Die Wahl zum neuen Duisburger Oberbürgermeister geht am Sonntag in die letzte Runde. Vor der Stichwahl haben wir erneut beide OB-Kandidaten zum Interview gebeten. Die Antworten auf die zehn Fragen machen die Standpunkte deutlich.

Sören Link (SPD) oder Benno Lensdorf (CDU), das ist das Duell und gleichzeitig die Frage, die 365.500 Duisburger am Sonntag beantworten können. Die Wahllokale öffnen wie gewohnt von 8 bis 18 Uhr, insgesamt gibt es 357 Stimmbezirke, erneut sind 3000 ehrenamtliche Wahlhelfer im Einsatz. Es ist bereits die vierte Abstimmung in diesem Jahr für die Duisburger, die erwartet steigende Wahlmüdigkeit spiegelt sich zumindest nicht in der bisherigen Briefwahlbeteiligung wieder, die leicht höher liegt als beim ersten Urnengang am 17. Juni.

Der Gewerkschaftsbund ruft derweil noch einmal alle Bürger auf, sich aktiv an der Stichwahl zu beteiligen. Nach der hohen Beteiligung bei der Abwahl sei die niedrige Wahlbeteiligung am 17. Juni „umso enttäuschender“ gewesen, so der DGB. Es sei wichtig, am Sonntag „ein Zeichen für eine handlungsfähige und selbstbestimmte Kommune zu setzen“.

Zahl des Tages

9,42 Prozent betrug die Wahlbeteiligung am Freitagmittag. Denn für die Stichwahl hatten bis zu diesem Zeitpunkt 34.420 Wahlberechtigte per Briefwahl ihre Stimme abgegeben. Nach Angaben der Stadt sind das 2,5 Prozent mehr als beim ersten Urnengang der OB-Wahl am 17. Juni.

Grüne und Linke, deren eigene Kandidaten im ersten Wahlgang weit abgeschlagen waren, unterstützen Sören Link mit einer Wahlempfehlung. Der SPD-Kandidat hatte sich in dieser Woche in Gesprächen mit beiden Parteien zu wichtigen kommunalpolitischen Fragen positioniert, Zusagen gemacht und sich hinter die rot-rot-grüne Kooperation und die vereinbarten Grundlagen gestellt.

Ob Sören Link, der mit 48,3 Prozent im ersten Wahlgang nur knapp die erforderliche absolute Mehrheit verfehlte, oder Benno Lensdorf (21,1 Prozent): Der neue Oberbürgermeister wird für sechs Jahre gewählt.

Zehn Fragen, 20 Antworten

Ein neuer Oberbürgermeister macht noch keinen Neuanfang. Was wollen Sie tun, um die Forderung der Bürger nach einem Neuanfang umzusetzen?

Sören Link: Ich werde das tun, was ich im Wahlkampf versprochen habe, nämlich mit einem neuen Stil an die Arbeit gehen. Ich werde den Dialog mit den Bürgern verstärken, mit den Menschen vor Ort über Probleme, aber auch über mögliche Lösungen sprechen. Und ich werde über alle politischen Grenzen hinaus Gespräche führen, mir Vorschläge anhören und sie, wenn sie sinnvoll und hilfreich sind, in meine Arbeit einbeziehen.

Benno Lensdorf: Den Bürgern war es wichtig, dass die Aufarbeitung der Loveparade-Katastrophe unabhängig von juristischen Fragen mit der Abwahl des Oberbürgermeisters einen ersten sichtbaren Teilabschluss findet. Dieses spiegelt sich auch in der hohen Beteiligung bei der Abwahl wieder. Dagegen scheinen sich die Bürger, was den versprochenen „Neuanfang“ angeht, von den Initiatoren der Abwahl verschaukelt zu fühlen.

Was werden Sie als Erstes ändern, wenn Sie Oberbürgermeister sind?

Link: Es gibt viele Bereiche, wo wir schnell aktiv werden müssen. Ich werde aber ganz schnell Gespräche mit den Personalräten und den Mitarbeitenden führen, z.B. über das von mir angestrebte Personalentwicklungskonzept.

Lensdorf: Den Dialog mit den Menschen. Ich werde sofort das Gespräch mit allen Mitarbeitern der Verwaltung, aber auch mit der Bürgerschaft suchen. Wir sind ein Team und wollen alle unsere Stadt wieder liebens- und lebenswert gestalten. Als OB werde ich neue Perspektiven durch eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik entwickeln.

Was ist ihre Vision von Duisburg? Wie soll die Stadt in zehn Jahren aussehen?

Link: Ich möchte, dass Duisburg in 10 Jahren ohne neue Schulden auskommt und wieder selber bestimmen kann, wofür in Duisburg Geld ausgegeben wird. Ich möchte, dass wir als Stadt Duisburg dafür stehen, dass jedes Kind eine Chance erhält, kein Kind zurückgelassen wird.

Lensdorf: Duisburg muss in 10 Jahren eine prosperierende, starke Stadt sein, die den Strukturwandel erfolgreich hinter sich gelassen hat. Neue Arbeitsplätze sind die wichtigste Voraussetzung, um die Stadt-Finanzen nachhaltig zu sanieren.

Was schätzen Sie an Duisburg besonders?

Link: Duisburg ist unglaublich vielfältig und hat großes Potenzial. Vor allem mag ich die Menschen, ihre offene, ehrliche und bodenständige Art.

Lensdorf: Ich mag die Menschen wegen ihrer direkten und unkomplizierten Art. Die Lage der Stadt an Rhein und Ruhr, die für Offenheit steht.

Was missfällt Ihnen in der Stadt am meisten?

Link: In der Stadt regen mich die „Schmuddelecken“ auf, wo einige verantwortungslose Mitmenschen glauben, sie könnten einfach ihren Müll abladen, anstatt ihn ordentlich zu entsorgen. Hier werde ich schnell ansetzen, um das zu ändern.

Lensdorf: Das Image in der Außenwahrnehmung. Hier müssen wir mit aller Kraft dran arbeiten, dass Duisburg als attraktiver Lebens- und Wirtschafts-standort gesehen wird und nicht als Synonym für leere Kassen, Arbeits- und Perspektivlosigkeit. Der OB muss der beste „Außenminister“ sein.

"In der Stichwahl ist alles möglich" 

Worin sehen Sie ihre größte Stärke?

Link: Ich bin ein Mensch, der zuhören kann und der offen ist für ernstgemeinten Rat. Ich scheue mich nicht, gute Vorschläge ganz pragmatisch in meine Arbeit zu integrieren, ganz gleich, von wem sie gemacht worden sind.

Lensdorf: Mir liegt die Stadt am Herzen. Seit 1979 im Rat, 7 Jahre als Fraktionsvorsitzender und seit 2004 als Bürgermeister, seit 2009 als 1. Bürgermeister habe ich die nötige Erfahrung. Ich bin ein sachorientierter Macher, parteiübergreifend – mit Respekt vor anderen Ansichten.

Worin sehen Sie ihre größte Schwäche?

Link: Ich bin ein ungeduldiger Mensch und möchte am liebsten alles sofort erledigt haben.

Lensdorf: Ich bin manchmal zu ungeduldig zu verstehen, dass manche Bürger zu ungeduldig sind mit der Entwicklung mancher Prozesse in unserer Stadt.

Warum sehen Sie sich im Falle eines Wahlsieges trotz einer erwartet niedrigen Beteiligung ausreichend legitimiert?

Link: Ich hoffe, dass viele Menschen ihr Wahlrecht ausüben. Wir haben in Deutschland zum Glück das Recht, wählen zu gehen. Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dieses Recht zu nutzen. Letztlich ist derjenige gewählt und auch legitimiert, der die meisten Stimmen auf sich vereinigt.

Lensdorf: Die niedrige Wahlbeteiligung könnte tatsächlich ein nicht von der Hand zu weisendes Legitimationsproblem mit sich bringen. Ich fürchte gar, dass sie bei der Stichwahl noch niedriger ausfallen wird, was für den am Sonntag erfolgreichen Kandidaten eine gewisse Bürde bedeuten könnte.

In wie weit müssen Sie als Oberbürgermeister die Interessen Ihrer Partei vertreten?

Link: Ich möchte der Oberbürgermeister aller Duisburger sein, auch wenn ich natürlich Sozialdemokrat bin und bleibe. Ich will mit allen Fraktionen zusammenarbeiten, aber sicherlich wird der Mehrheit im Rat eine besondere Bedeutung zukommen.

Lensdorf: Als OB habe ich die Interessen der Stadt und aller Bürger zu vertreten. Darauf können sich alle verlassen. Dass dabei auch meine persönlichen Grundüberzeugungen, die mich meine politische Heimat in der CDU haben finden lassen, eine Rolle spielen, ist sicher selbstverständlich.

Hand auf’s Herz: Wie viel Prozent holen Sie bei der Stichwahl?

Link: Das Ergebnis des ersten Wahlgangs hat mir zusätzliche Motivation gegeben. Ich gehe mit Zuversicht in die Stichwahl. Ich hoffe, dass es ein klares und eindeutiges Ergebnis geben wird.

Lensdorf: In der Stichwahl ist alles möglich. Die Karten werden neu gemischt. Deshalb gehe ich zuversichtlich in die Entscheidung am Sonntag. Ich werde siegen, mit wie viel Prozent ist egal.