Online-Verabredung mit den Clankollegen statt Kino mit der Clique?
Chatten mit den Spielern der Gilde statt Kaffee mit der besten Freundin? Immer mehr Deutsche verbringen ihre Freizeit am Computer - beim Spielen. Das betrifft nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch viele Erwachsene.
Ein neuer Arbeitskreis der Soziologen an der Universität Duisburg-Essen beschäftigt sich nun damit, wie sich die Computer-Spiele auf die soziale Interaktion der Gamer auswirken. „Wir wollen überprüfen, ob ein Teil der sozialen Kontakte nicht mehr direkt, sondern hauptsächlich oder gar ausschließlich über ein Computerspiel realisiert werden”, sagt Diego Compagna, der den Arbeitskreis „Digital-Game & -Gaming Forschung” am Lehrstuhl für Soziologie leitet.
Dabei soll auch herausgefunden werden, ob es durch Computerspiele generell zu einer eher technikzentrierten Lebensführung kommt. Computerspiele und das Spielen am PC, Spieler und Online-Communities sind ein rasant wandelndes Phänomen und stellen für die Soziologie ein recht neuartiges Forschungsfeld dar mit zukunftsweisenden Facetten für die gegenwärtige Gesellschaft.
„Wichtig dabei ist, dass wir wertneutral an die Sache herangehen, das heißt, für uns ist die soziale Interaktion über ein PC-Spiel einfach eine neuartige Form sozialer Wirklichkeit und nicht etwas, das wir von vornherein negativ einordnen, bzw. den realweltlichen sozialen Beziehungen unterordnen würden”, betont Compagna.
Sechs verschiedene Phänomene will der Arbeitskreis im Laufe des Jahres untersuchen. Dazu werden Computerspieler beobachtet und interviewt, aber auch Experten befragt. Einen Bereich stellen die so genannten Clans da, in denen sich die Spieler unterschiedlicher Online-Games wie in einer Art Verein organisieren. „Der Arbeitskreis stellt sich dabei die Frage, wie Hierarchisierung und Rollendifferenzierung in Online-Gaming-Clans
funktionieren”, sagt Diego Compagna.
Er selbst beschäftigt sich außerdem mit dem Spieler-Avatar-Verhältnis und der Frage nach der Handlungsträgerschaft. Handelt der Spieler, und die von ihm gesteuerte Figur ist lediglich so etwas wie eine Marionette? Oder findet die eigentliche Spielhandlung vielmehr im Spiel statt, und muss also letztlich dem Avatar zugeschrieben werden? Diese Fragen sind besonders im Hinblick auf den Ego-Shooter „Counterstrike” interessant, der nach dem Amoklauf von Winnenden wieder in die Diskussion geraten ist.
Selbstverständlich steht auch das millionenfach verkaufte Online-Rollenspiel „World of Warcraft” im Mittelpunkt der Forschung der Soziologen. Eine der Arbeiten untersucht die Spielermotivation. Was hält die Gamer über Jahre bei der Stange, sich mit ihrem Avatar durch die bunte Computer-Welt zu bewegen?