Duisburg. Der ehemalige Sprecher der Duisburger Piraten will die Vorwürfe seiner Parteikollegen nicht auf sich sitzen lassen. Der Disput gibt Einblicke in das Innenleben der Partei, die noch auf der Suche nach ihrer Umgangsform ist.
Andreas Winkler ist derzeit wohl das bekannteste Mitglied der Duisburger Piratenpartei. Er hatte in der NRZ seinen Rücktritt als Sprecher verkündet, dabei seine Partei drastisch kritisiert und damit für ein bundesweites Medienecho gesorgt. Hans-Peter Weyer, der amtierende Sprecher, hatte das ganze als „Retourkutsche“ bezeichnet: Winkler sei nur seiner Abwahl zuvorgekommen, habe außerdem die Pressearbeit der Piraten nie wirklich unterstützt und sich zurückgezogen, als seine Verlobte vergeblich für den Landtag kandidieren wollte. „Das stimmt alles nicht“, widerspricht Winkler nun. Der Disput geht weiter.
Die Weisband von Duisburg
„Von der anstehenden Abwahl habe ich erst aus der Presse erfahren“, ärgert sich Winkler im Gespräch mit der NRZ. „Es ist eine Abwahl aus dem Hinterhalt und völlig intrigant.“ Schlichtweg gelogen sei aber, dass er nicht im Presseteam mitgearbeitet habe. Alle Pressemitteilungen seien gemeinsam er- und überarbeitet worden.
„Mein Rücktritt und meine Kritik an der Partei haben außerdem nichts mit meiner Verlobten zu tun,“ bestreitet Winkler einen weiteren Vorwurf. „Die Piraten haben meine Partnerin bekniet, dass sie eine Funktion übernimmt.“
Obwohl bereits bekannt gewesen sei, dass sie im Sauerland arbeitet und daher für Wahlkampf oder politisches Engagement in Duisburg wenig Zeit gehabt hätte. In einem Dreiminutengespräch vor dem Nominierungsparteitag im März, berichtet Winkler, habe man sie überredet, für den Landtag zu kandidieren. „Sie ist eine junge, gebildete und hübsche Frau – sie sollte die Marina Weisband von Duisburg werden.“ Einige Piraten hätten außerdem bereits von ihr als Oberbürgermeisterin fantasiert.
Letztlich wurde die Verlobte nicht gewählt, dies sei aber weder für Winkler noch für seine Partnerin ein Problem gewesen.
"Das finde ich völlig daneben"
Es war aber tatsächlich an jenem Abend, als er entschied, sich etwas von der Parteiarbeit zurückzuziehen und sich auf seinen Beruf zu konzentrieren. Damit habe vor allem Hans-Peter Weyer zu tun. „Damals hat die Partei ihm ganz übel mitgespielt, das finde ich völlig daneben.“ Parteisprecher Weyer war ohne Gegenkandidaten für den Wahlkreis Nord angetreten, wurde aber nicht gewählt. Dies sei der Schlüsselmoment gewesen, der erstmals Rücktrittsgedanken ausgelöst hatte.
„Da habe ich erkannt, dass es bei Entscheidungen der Piraten nicht darum geht, wie sehr sich jemand reinkniet. Es geht auch nicht darum, wer einen Plan hat und die Partei nach vorne bringen kann, sondern nur darum, wer die meisten Freunde zur Wahl mitbringt.“ Das sei hochgradig unprofessionell und inkompetent, man fühle sie angesichts dessen „verzweifelt und hoffnungslos“. Genau diese Verstrickungen würden aber Neulinge abschrecken und die seien in der „vergreisten Partei“ mehr als nötigt. „Viele Piraten sind außerdem machtgeil, realitätsfern und richtige Speichellecker.“
Parteitag in zwei Wochen
Das durchschnittliche Bildungsniveau sei, behauptet Winkler, einfach viel zu niedrig, um ernsthaft Politik zu machen. „Man kann in Duisburg mit den Piraten momentan nichts mehr politisch bewegen.“ Das liege nicht zuletzt an der Obrigkeitshörigkeit von Hans-Peter Weyer. „Wer will schon immer beim Landesverband nachfragen, ob man ,piep‘ sagen und welche Meinung man haben darf?“
Mit Landespressesprecher Achim Müller hatte Weyer auch telefoniert, nachdem er von Winklers Rücktritt aus der Zeitung erfahren hatte. Anschließend verlautbarte er, das alles sei nur „ein Sturm im Wasserglas“, die Sache sei „gegessen“. Indes fordern bereits einige Duisburger Piraten öffentlich, Winkler müsse aus der Partei ausgeschlossen werden. Auch durchleuchten sie nun seine Vergangenheit und versuchen ihn zu diskreditieren, weil er beruflich Whisky-Sommelier ist und früher als Lebensberater bei AstroTV sein Geld verdient hat.
Winkler sieht all dies aber gelassen. „Mit Mobbing und selbst mit Bombendrohungen werde ich fertig. Wer in der Öffentlichkeit steht, muss immer mit Kritik rechnen.“ Am 23. Juni will er zum Parteitag kommen, wenn er nicht dienstlich in Dublin unterwegs ist. „Es wird schon kein Attentat geben“, sagt er lachend. Aus Parteikreisen heißt es derweil, es fehle an einer Kultur, wie man miteinander umgeht. Es sei ein Problem, wenn wüste Beleidigungen im Internet unter dem Begriff „Shitstorm“ als reinigendes Gewitter angesehen und geduldet seien. Das wirke sich zumindest in Duisburg negativ auf das Klima in der Partei aus.