Duisburg.. Die deutschen Sicherheitsbehörden hindern rund 100 deutsche „Problemfans“ an der Reise nach Polen und der Ukraine. Weitere 1000 bekannte Hooligans seien im Vorfeld zu Hause oder am Arbeitsplatz von Beamten aufgesucht worden. Zudem reisen rund 30 „szenekundige Beamte“ zur EM. Einer von ihnen ist Gordon S.
Die Fans kennen ihn und er kennt die Fans. Nicht die wahren Fans, sondern diejenigen, die Ärger machen. Manche nennen sie Hooligans, andere Problemfans, die Polizei nennt sie potenzielle Fußballgewalttäter. Sie hat Gordon S. im Blick. Der Polizeioberkommissar ist ein sogenannter „szenekundiger Beamter“, sein Einsatzbereich ist ein Bundesligist im Ruhrgebiet. Wenn die Fans zu Auswärtsspielen fahren, reist er mit. Auch wenn sie sein Gesicht kennen: Seinen Namen will er lieber nicht in der Zeitung lesen. „Sonst kommt noch jemand auf dumme Gedanken“.
Seit anderthalb Jahren gehört Gordon S. zum „Team Deutschland“ bei der Zentralen Informationsstelle für Sporteinsätze (ZIS), die in Duisburg sitzt. Das Team ist sozusagen die Nationalmannschaft der szenekundigen Beamten für die Fußball-Nationalmannschaft. Mit 15 weiteren Polizisten aus ganz Deutschland macht sich Gordon S. am Dienstag auf den Weg in die Ukraine, nach Lemberg und Charkiw, wo die DFB-Elf ihre Vorrundenspielen absolviert. „Wir werden immer in der Nähe der Fans sein, mal in Zivil, mal in Uniform“, sagt er.
Keine Anzeichen für besonders gewaltbereite Fans
Die Behörde rechnet damit, dass 7000 bis 10.000 deutsche Fans zur EM reisen. Konkrete Erkenntnisse, dass Gewaltbereite darunter sind, gebe es bisher nicht. „Die Gefährdungslage ist die gleiche wie bei jedem anderen großen Turnier“, sagt Katja Kruse, Leiterin der deutschen Polizeidelegation. „Das es zu Auseinandersetzungen kommt, lässt sich nicht ausschließen“. Sie widerspricht aber Berichten, nach denen polnische Hooligans Jagd auf deutsche Fans machen wollen. „Damit rechnen wir nicht“, sagte Kruse. „Das entspricht nicht den Erfahrungen, die wir in den vergangenen Jahren gemacht haben“.
„Mit unserem Einsatz vor Ort holen wir die potenziellen Gewalttäter aus der Anonymität. Das schreckt ab, die EM als Bühne für Randale zu nutzen“. Damit die schlimmsten Chaoten dort erst gar nicht auftauchen, hindert die Polizei 100 Problemfans an der Ausreise. Weitere 1000 haben die Beamten im Vorfeld zu Hause oder am Arbeitsplatz besucht und eine freundliche Warnung hinterlassen: „Wir haben sie ersucht, erst gar nicht zur EM zu fahren und dass sie es andernfalls dort nicht wagen sollen, sich so zu benehmen, wie man das nicht tun sollte“, sagt Jürgen Matheis, Direktor beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste.
Unterstützung vor Ort
Gordon S. und die anderen deutschen Beamten bei der EM sollen die Behörden vor Ort unterstützen, beraten und auch über die deutsche Fankultur aufklären, damit Rituale nicht falsch verstanden werden. „Zum Beispiel darüber, dass nicht gleich ein Platzsturm droht, wenn sich ein ganzer Block im Stadion aufsteht“, sagt Einsatzleiterin Kruse. „Oder das Tattoos, anders als in der Ukraine, nicht immer gleich Ausdruck für strafrechtliche Erfahrungen sind“.
Das große Ziel der insgesamt 30 deutschen Polizisten, davon zehn am Hotel der DFB-Elf in Danzig, ist dafür zu sorgen, dass das friedliche Bild deutscher Fans nicht durch gewaltbereite Chaoten Schaden nimmt. Und weil die überwiegende Zahl der Fans friedlich ist und Gewalt ablehnt, sollen die uniformierten Beamten gleichzeitig auch Ansprechpartner für die deutschen Anhänger bei Problemen sein.
Gordon S., der nach der Vorrunde in Polen weiter im Einsatz sein wird, rechnet übrigens nicht damit, dass er bis zum Finale vor Ort sein wird - mangels Erfolg der deutschen Elf. „Halbfinale. Dann ist Feierabend“.