Duisburg. . Amtsgericht hatte 28-Jährigen aufgrund einer schriftlichen Aussage verurteilt, die gar nicht hätte verlesen werden dürfen.

Berufungen dienen meist nur dazu, aus Sicht der Angeklagten wie der Staatsanwaltschaft zu hoch beziehungsweise zu niedrig ausgefallene Strafen korrigieren zu wollen. In eher seltenen Fällen kann die Justiz aber auch blühenden juristischen Unsinn aus der ersten Instanz berichtigen. So war das auch im Falle eines 28-jährigen Hochfelders, der gestern vor einer Berufungskammer des Landgerichts stand.

Das Amtsgericht Stadtmitte hatte den Mann vor einem halben Jahr wegen gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt. Angeblich hatte er im Juli 2008 einen Glaskerzenständer auf seine inzwischen getrennt lebende Ehefrau geworfen und sie dabei am Kopf verletzt. Im März 2010 endete eine Eifersuchtszene mit einer Ohrfeige.

Frau sagte nicht gegen ihren Mann aus

Letzteres hatte der 28-Jährige auch schon vor dem Amtsgericht gestanden. Hartnäckig bestritt er dagegen die Sache mit dem Leuchter. Die Noch-Ehefrau machte damals wie heute von ihrem Recht Gebrauch, nicht gegen ihren Mann auszusagen.

Das hielt die Amtsrichterin im September 2011 nicht davon ab, eine richterliche Vernehmung der Zeugin zu verlesen und auf dieser Grundlage den Angeklagten zu viereinhalb Monaten auf Bewährung zu verurteilen. Doch nicht nur das Strafmaß war krumm.

Ohrfeige kostete 300 Euro

„Das geht natürlich gar nicht“, schüttelte der Vorsitzende der Berufungskammer den Kopf. Der einzig korrekte Weg, die Aussage der Ehefrau einzuführen, wäre es gewesen, die Richterin, die die Zeugin damals verantwortlich vernommen hatte, vor Gericht dazu zu befragen. „Aber dann stünde immer noch Aussage gegen Aussage, ohne dass wir Nachfragen an die Geschädigte richten könnten.“

Kammer, Staatsanwalt und Verteidiger kamen schnell überein, den Tatkomplex Kerzenständer einfach einzustellen. Übrig blieb die Ohrfeige, die das Berufungsgericht nach kurzer Beratung mit 300 Euro Geldstrafe (30 Tagessätze zu je zehn Euro) ahndete.