Duisburg. . Eigentlich wollte Dietmar Vettermann ja auf der dänischen Insel Ærø nur noch in Ruhe Orgel spielen. Der ehemalige Oberbürgermeister von Zwickau „bewirbt“ sich nun als Oberbürgermeister in Duisburg, will Nachfolger von Adolf Sauerland werden.

Auf der idyllischen, dänischen Ostseeinsel Ærø leben knapp 6.700 Einwohner, die sich für Duisburg wohl reichlich wenig interessieren - bis auf Dietmar Vettermann. Und der empfiehlt sich jetzt für das Amt des Oberbürgermeisters.

Der Ex-Oberbürgermeister der sächsischen Stadt Zwickau und Ex-Vorsitzende der sächsischen CDU, der aus Protest aus der Partei ausgetreten war, hatte sich eigentlich aus der Politik zurückgezogen, um auf der winzigen Insel Orgel zu spielen. Dort lebt er seit 2008 - dem Jahr, in dem er sich nicht für eine zweite Amtszeit in Zwickau zur Wahl stellte, obwohl er damit dort einige enttäuschte.

"Ich lass mich nicht verbiegen"

Auf der Insel schrieb er ein Buch namens „Ich lass mich nicht verbiegen - Als Christ in der Politik“ über Ehrlichkeit und Moral in der Politik. „Eine zentrale Frage meines Buches lautet: Wann sollte man als Politiker die Geige einpacken?“, sagt Vettermann im NRZ-Gespräch. Bei Adolf Sauerland jedenfalls war er sich schnell sicher: „Ich an seiner Stelle wäre am Tag nach der Loveparade zurückgetreten“.

Dabei ginge es ihm nicht hauptsächlich um die Schuldfrage, sondern um die Moral. „Die Opfer, aber vor allem die Angehörigen brauchen für die Aufarbeitung ihres Schmerzes, ihrer Wut und ihrer Trauer schlichtweg eine authentische Persönlichkeit, die glaubwürdig moralisch und politisch die Verantwortung dafür übernimmt. Wer in Duisburg sollte das sonst sein, wenn nicht der OB?“. Dabei sei es relativ egal, wer was genehmigt habe. „Ich habe das Abwahlprocedere verfolgt - das hätte ich mir an seiner Stelle nun wirklich erspart.“

"Ich lass mich vor keinen Karren spannen"

Dass Vettermann bis heute nicht versteht, wieso „er am Sessel klebte“, steht auch in seinem Buch. Und so las es auch jemand aus Duisburg, der ihn auf seiner Insel anrief und fragte, ob er das Abwahlbündnis unterstützen würde. „Ich sagte ’Ich lass mich vor keinen Karren spannen’, das sollen die Duisburger unter sich ausmachen“. Eigentlich wurde ihm von dem ominösen Anrufer, dessen Namen er nicht weiß, versprochen, ihm etwas nach Dänemark zu schicken. „Bis heute ist nichts angekommen - ich werde wohl nie erfahren, wer das war“.

Er verfolgte das Abwahlverfahren via Internet und Radio - „einen Fernseher haben wir nicht“ - und beschloss, selbst aktiv zu werden. Er schickte eines seiner Bücher an die Duisburger SPD, versehen mit der Notiz: „Hier ist einer, der das auch schon mal 18 Jahre gemacht hat und durchaus kann“. Und empfahl sich so als Kandidat.

"Wer ein solches Amt anstrebt, muss eine moralische Instanz sein"

Gemeldet hat sich bisher bei ihm noch niemand, erzählt er schmunzelnd: „Wenn in meine Richtung Bedarf bestünde, hätte ich sicher längst eine Reaktion erhalten“. Und er ergänzt: „Aber ganz ehrlich: Ich gehe doch davon aus, dass sich in der Riesen-Metropole Duisburg eine Dame oder ein Herr wird finden lassen, der soviel Konsenschancen in sich birgt, Charisma und Ausstrahlung besitzt, dass man nicht auf einen „Neu-Dänen“ zurückgreifen muss. Das wäre ja geradezu komisch“.

Allerdings habe er in seinem Schreiben an die SPD deutlich gemacht, dass er diesen Fall dennoch bewusst mit einkalkuliert habe. „Man weiß ja nie ...“, sagt er verschmitzt. Er findet es auch nicht abwegig, „bei den Grabenkämpfen, die im Rat vorherrschen“ jemanden „von außen“ zu holen. „Aber ob der dann gleich aus Dänemark kommen sollte?“, fragt er lachend. Wie der neue Duisburger Oberbürgermeister sein sollte, da hat er feste Vorstellungen von: „Wer ein solches Amt anstrebt, muss eine moralische Instanz sein“. Der OB sei das Gesicht der Stadt und sollte „Duisburg nach innen wie nach außen mit Stolz vorzeigen“.