Duisburg. . Am 12. Februar 2012, dem Tag des Bürgerentscheids über Adolf Sauerland, zieht es Angehörige der Loveparade-Opfer und andere Betroffene an den Ort der Katastrophe, an dem am 24. Juli 2010 21 Menschen tödlich verletzt und Hunderte körperlich und seelisch verletzt wurden.
Diesen Tag hatte sich Natalie Kaliner ganz bewusst ausgesucht, um erstmals nach Duisburg zu kommen. Die Studentin aus Köln beschäftigte sich im Rahmen einer Uni-Seminararbeit seit Monaten mit der Loveparade-Katastrophe. Sie sollte ergründen, was am Tag, als 21 Menschen den Tod fanden, hier alles schief gelaufen ist. Eine Mammutaufgabe. Und das intensive Beschäftigen mit dieser schwierigen Materie wurde für sie auch zur emotionalen Belastung. „Dieser Besuch soll auch eine Art Schlusspunkt für mich sein.“
Ständig kommen neue Besucher an diesem grauen, wolkenverhangenen Vormittag zur Unglücksrampe. Darunter sind Angehörige der Opfer, die an der Gedenkstätte allein bleiben wollen. Darunter ist eine Gruppe von Verletzten, die das todbringende Gedränge am 24. Juli 2010 überlebt hatten. Aber auch Neugierige sind wieder da – wie eigentlich an jedem Tag.
„Wir waren da, aber leider zu spät“
Sie lesen die Botschaften, die in einem „steinernen Garten“ hinterlassen wurden, der vor der Wand gegenüber der Treppe mit den 21 Holzkreuzen ausgebreitet liegt. Auf hunderten Fliesen, Ziegeln und handgroßen Steinen sind mit Filzstift Botschaften gekritzelt. „Wir waren da, aber leider zu spät“, hat ein Trupp der Freiwilligen Feuerwehr Duisburg geschrieben. Ein paar Schritte weiter liegt das abgebrochene Steinstück von Nick (6): „Ich bin froh, dass Papa nix passiert ist.“ Viele der Menschen, die hier sind und alles das lesen, dürfen als Auswärtige zwar nicht an die Wahlurne treten. Doch sie alle warten ebenso gespannt auf das Ergebnis.
„Wir waren gerade schon am Rathaus und in der Stadtmitte gucken“, erzählt Natalie Kaliner. Zur Zusammenkunft der Abwahlinitiative am Abend wolle sie aber nicht. „Mir war wichtig, dass alles hier einmal mit eigenen Augen zu sehen. Im Fernsehen und auf Fotos sah das ganz anders aus. Nicht so eng. Und nicht so steil wie in der Realität.“ Später geht sie noch zum Mahnmal am Ostausgang des Tunnels. Drei Grablichter stehen davor. Sie sind erloschen. Am Laternenmast direkt dahinter ist ein leuchtend-blaues Schild zu sehen. Das Abwahlbündnis hat es dort aufgehängt. Und das „Ja“ für einen Neuanfang, es fällt jedem Besucher ins Auge.